Glossar

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Befreiung des Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz

Mitte Januar 1945 begann die Rote Armee eine Offensive in Richtung Krakau und Auschwitz. Vom 18. Januar 1945 an räumte die SS den Lagerkomplex Auschwitz. Etwa 58.000 Häftlinge wurden unter Bewachung auf Todesmärsche getrieben. Etwa 9.000 völlig entkräftete sowie schwerkranke Häftlinge und einige als Pfleger in den Krankenbaracken eingesetzte Häftlinge blieben in den Lagern von Auschwitz zurück. Einigen wenigen relativ gesunden Gefangenen gelang es, sich in der Hoffnung auf baldige Befreiung zu verstecken.

 

In der Endphase des Lagers versuchte die SS, Beweise und Spuren ihrer Verbrechen, soweit dies möglich war, zu tilgen. Raubgut sowie Dokumente wurden abtransportiert oder verbrannt, und in der Nacht zum 26. Januar 1945 sprengte ein SS-Kommando das letzte der noch funktionstüchtigen Krematorien in Auschwitz-Birkenau. Das willkürliche und systematische Morden ging aber weiter. Allein in Birkenau ermordeten Abteilungen der SS und des SD zwischen dem 20. und 23. Januar etwa 300 jüdische Häftlinge. In mehreren Nebenlagern begingen SS-Männer Massaker: Im Nebenlager Fürstengrube erschossen sie über 100 Häftlinge, während sie 239 Menschen bei lebendigem Leib im Häftlingskrankenbau verbrannten. Dann zogen sich die SS-Wachmannschaften vor der näherrückenden Roten Armee zurück.

 

Am 27. Januar 1945 um 9 Uhr erreichten die ersten sowjetischen Soldaten der 322. Infanteriedivision der 60. Armee der Ersten Ukrainischen Front das KZ Buna/Monowitz. Von den 850 am 18. Januar zurückgelassenen kranken Häftlingen waren über 200 gestorben. Die Rotarmisten waren völlig unvorbereitet. Sie verteilten ihr Brot an die Kranken. Am selben Tag begann ein Militärarzt, medizinische Hilfe zu organisieren. Gegen Mittag wurde das Stadtzentrum von Auschwitz befreit, am Nachmittag gegen 15 Uhr erreichten erste sowjetische Einheiten das Stammlager und Birkenau, wo sie die überlebenden Häftlinge versorgten. Auf dem Gelände des Stammlagers wurden 48 und in Birkenau 600 Leichen erschossener oder in den vorherigen Tagen gestorbener männlicher und weiblicher Häftlinge gefunden. Insgesamt konnten über 7.000 kranke und erschöpfte Häftlinge befreit werden – 1.200 im Stammlager, 5.800 in Birkenau – davon 4.000 Frauen. Trotz der sofort einsetzenden medizinischen Betreuung verloren noch hunderte von Menschen in den folgenden Wochen ihr Leben. Bei den Kämpfen mit den zurückweichenden deutschen Wehrmachtseinheiten fielen in Auschwitz und Umgebung 231 Soldaten der Roten Armee.

 

Seit Mitte der 1990er Jahre hat sich der 27. Januar als Gedenktag international durchgesetzt. Bundespräsident Roman Herzog proklamierte am 3. Januar 1996 den 27. Januar zum „Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus“ in der Bundesrepublik Deutschland, 2005 beschloss die Vollversammlung der Vereinten Nationen, dieses Datum weltweit zum „Gedenktag für die Opfer des Holocaust“ zu erklären.

(FS)



Literatur

Czech, Danuta: Kalendarium der Ereignisse im Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau 1939–1945. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt 1989.

Strzelecki, Andrzej: Endphase des KL Auschwitz. Evakuierung, Liquidierung und Befreiung des Lagers. Oświęcim: Staatliches Museum Auschwitz-Birkenau 1995.