Die Entwicklung der Reparationsregelungen zwischen 1945 und 1953
(Ernst Féaux de la Croix: Vom Unrecht zur Entschädigung: Der Weg des Entschädigungsrechts. In: Ernst Féaux de la Croix / Helmut Rumpf: Der Werdegang des Entschädigungsrechts unter national- und völkerrechtlichem und politologischem Aspekt (= Die Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts durch die Bundesrepublik Deutschland. Hg. v. Bundesminister der Finanzen in Zusammenarbeit mit Walter Schwarz, Bd. 3). München: Beck 1985, S. 1–118, hier S. 10.)
(Hans Gurski: Kriegsforderungen. In: Außenwirtschaftsdienst des Betriebsberaters, Januar 1961, S. 14, zit. n. Ulrich Herbert: Nicht entschädigungsfähig? Die Wiedergutmachungsansprüche der Ausländer. In: Ludolf Herbst / Constantin Goschler (Hg.): Wiedergutmachung in der Bundesrepublik Deutschland. München: Oldenbourg 1989, S. 273–302, hier S. 284.)
(Susanna Schrafstetter: Verfolgung und Wiedergutmachung. Karl M. Hettlage: Mitarbeiter von Albert Speer und Staatssekretär im Bundesfinanzministerium: In: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 56 (2008), H. 3, S. 431 – 466, hier S. 457.)
Die Notwendigkeit, die NS-Opfer im Rahmen von Reparationen zu entschädigen, war unter den Siegermächten des Zweiten Weltkriegs unumstritten. So fasste das Potsdamer Abkommen vom 2. August 1945 den Reparationsbegriff bewusst sehr weit als Ausgleich von „Verlusten und Leiden“. Das Potsdamer Abkommen leistete der später immer wieder von westdeutscher Seite geäußerten Auffassung Vorschub, dass aus Kriegs- und Besatzungshandlungen resultierende Entschädigungsansprüche nur von Staat zu Staat, nicht aber von Individuen gegen den vormaligen Feindstaat zu erheben seien. Auch das Pariser Reparationsabkommen vom 14. Januar 1946, das die Verteilung der ‚Westmasse‘ regelte, wurde von den beteiligten Staaten als „Abgeltung aller ihrer Forderungen ihrer Staatsangehörigen gegen die ehemalige deutsche Regierung oder gegen deutsche Regierungsstellen“[1] verstanden. Diese Ausrichtung auf ein Verständnis von Entschädigung als Angelegenheit zwischen Staaten und nicht als Regelung der Ansprüche von einzelnen Geschädigten gegen einzelne Schädiger (also Firmen oder Personen) prägte die Auseinandersetzungen um die Entschädigung von NS-Opfern in den folgenden Jahrzehnten.
Nach 1948 bestimmte der Kalte Krieg die politische Lage. Die Bemühungen der Bundesrepublik Deutschland, in die westlichen Bündnissysteme eingebunden zu werden, waren für die Regelung der Entschädigungsfrage bestimmend. Sie wurde sowohl politisch als auch verwaltungstechnisch eng mit der Wiederaufrüstung verbunden, die zur Integration in das westliche Staatenbündnis führen sollte. Ernst Féaux de la Croix, vor 1945 im Reichsjustizministerium für die Definition des Rechtsstatus sogenannter Fremdvölkischer verantwortlich, war in den ersten beiden Adenauer-Kabinetten für Entschädigungsfragen zuständig und avancierte im dritten zum Leiter der Wiedergutmachungsabteilungen im Bundesfinanzministerium, die um die Ressorts „Verteidigungslasten“ sowie „finanzielle Verteidigungsangelegenheiten“ erweitert wurden.
Vor allem die USA übten einigen Druck auf die Adenauer-Regierung aus
Mit dem Londoner Schuldenabkommen vom 27. Februar 1953
Am 12. September 1990 wurde zwischen BRD und DDR auf der einen sowie den Alliierten der Anti-Hitler-Koalition (USA, Frankreich, Großbritannien, Sowjetunion) auf der anderen Seite der Vertrag über die abschließende Regelung in Bezug auf Deutschland unterzeichnet (2+4-Vertrag). Zwar enthält das Abkommen keine expliziten Aussagen über die vom vereinigten Deutschland als Konsequenz des Zweiten Weltkriegs zu zahlenden Reparationen, stellt aber im Sinn eines Äquivalents für einen Friedensvertrag eine „abschließende Regelung der Reparationsfrage“ dar: Artikel 5 des Londoner Schuldenabkommens stand fortan nach herrschender juristischer Lehrmeinung „den Individualansprüchen von Zwangsarbeitern nicht mehr entgegen“[4]. Entsprechend versuchten ehemalige NS-Zwangsarbeiter/innen durch Sammelklagen gegen deutsche Unternehmen, eingereicht bei US-amerikanischen Gerichten, in den 1990er Jahren individuelle Entschädigungsleistungen zu erstreiten. Diese Auseinandersetzungen führten schließlich zur Gründung der „Stiftungsinitiative der deutschen Wirtschaft“.
(GK)