Gustav Kleinmann (1891–1976)
(Gustav Kleinmann: Tagebuch eines Konzentrationers. In: Reinhold Gärtner / Fritz Kleinmann (Hg.): Doch der Hund will nicht krepieren… Tagebuchnotizen aus Auschwitz. Thaur: Kulturverlag 1995, S. 11–28, hier S. 18.)
(Fritz Kleinmann: Überleben im KZ. In: Reinhold Gärtner / Fritz Kleinmann (Hg.): Doch der Hund will nicht krepieren… Tagebuchnotizen aus Auschwitz. Thaur: Kulturverlag 1995, S. 34–114, hier S. 67.)
„Täglich fahren bei uns die Transporte vorüber, alles geschlossene und plombierte Waggons. Aber wir wissen Bescheid worum es geht. Es sind alles ungarische Juden, und alles im 20. Jahrhundert.“[1]
Geboren 1891 in Saybusch, Oberschlesien, gelangte Gustav Kleinmann als 15-jähriger nach Wien, machte hier die Gesellenprüfung zum Tapezierer und diente im Ersten Weltkrieg als österreichischer Soldat. An der Front wurde er mehrfach verwundet und für Tapferkeit ausgezeichnet. 1917 heiratete er Tini, das Paar bekam vier Kinder. Ab 1923 arbeitete Gustav Kleinmann als Tapezierermeister im zweiten Wiener Bezirk. Gemeinsam mit seinem Sohn Fritz Kleinmann wurde Gustav am 10. November 1938 von ‚Freunden‘ verhaftet, verhört und geschlagen, einen Tag darauf wegen seiner Weltkriegsteilnahme jedoch wieder freigelassen. Ein knappes Jahr später, im September 1939, wurden die beiden Männer ins KZ Buchenwald deportiert. Es gelang ihm, mit seinem Sohn zusammen zu bleiben. Gustav Kleinmann überstand zwei Jahre in Buchenwald, wo er u.a. mehrere Wochen Zwangsarbeit im Steinbruch leisten musste, er beschreibt seine gesamte Haftzeit in einem geheimen Tagebuch: „(Ich) arbeite, um zu vergessen, wo ich mich befinde. Das Lager wird täglich weniger, die Sterblichkeit ist groß, und so geht es weiter.“[2]
1942 kamen Vater und Sohn ins KZ Buna/Monowitz, wo Gustav zunächst als Zimmermann, dann als Lagersattler arbeitete.
Am 18. Januar 1945 wurden Gustav und Fritz Kleinmann mit tausenden weiteren Häftlingen des Lagerkomplexes Auschwitz auf den Todesmarsch getrieben. Nachdem Fritz geflohen war, schleppte sich Gustav alleine weiter über das KZ Mittelbau-Dora in Richtung Celle, wo er am 14. April 1945 von den Briten befreit wurde. Nach zehn Tagen machte er sich am 25. April gemeinsam mit einem anderen Wiener, Josef Berger, auf eigene Faust auf den Heimweg. Zu Fuß und teilweise mit dem Fahrrad gelangte er zurück nach Österreich, wo er seinen Sohn Fritz wieder traf. Nach längerem Kampf erhielt Gustav Kleinmann in Wien wieder eine Wohnung und konnte eine Werkstatt eröffnen. Zwei seiner Kinder, Edith und Kurt, hatten Österreich noch verlassen können. Seine Frau Tini Kleinmann und ihre gemeinsame Tochter Hertha waren im Juni 1942 nach Minsk deportiert und dort ermordet worden. Er heiratete 1948 ein zweites Mal, Olga Steyskal. Neben dem unter großem persönlichen Risiko geschriebenen Tagebuch, hinter dessen stellenweise dürren Formulierungen, Abkürzungen und sachlichen Vokabeln sich die grauenhaften Verhältnisse erahnen lassen, schrieb Gustav Kleinmann 1940 im KZ Buchenwald ein Gedicht, Steinbruchkaleidoskop. Gustav Kleinmann starb am 1. Mai 1976 in Wien.
(SP)