Glossar

Fahren Sie mit der Maus über ein rotes Wort im Haupttext, um den Glossareintrag für dieses Wort zu sehen.

Manfred Wolf (*1924)

Das Haus der Familie Wolf in Merl
'© Manfred Wolf
Das Haus der Familie Wolf in Merl
© Manfred Wolf
Gruppenfoto von Kindern, ca. 1935/36, Manfred Wolf war damals etwa 11 Jahre alt. Das Mädchen im weißen Kleid in der Mitte ist Clementine Scheit, eine gute Freundin. Manfred Wolf ist der in die Kamera lachende Junge direkt unter ihr.
'© Manfred Wolf
Gruppenfoto von Kindern, ca. 1935/36, Manfred Wolf war damals etwa 11 Jahre alt. Das Mädchen im weißen Kleid in der Mitte ist Clementine Scheit, eine gute Freundin. Manfred Wolf ist der in die Kamera lachende Junge direkt unter ihr.
© Manfred Wolf

„I hope that people will see what it really was like, what Hitler did, what the Germans did, even if some of them might have not gone along with it, some of them didn’t even know. […] Normal persons… people will not accept something like this.“[1]

 

Manfred Wolf kam am 15. Juli 1924 in Merl a.d. Mosel zur Welt. Sein Vater, Eduard, betrieb dort ein Männermodengeschäft, zur Familie gehörten die Mutter Rika (geb. Franke) und die Großmutter Johanna. Manfreds Kindheit als einziges jüdisches Kind im Ort war geprägt von Spielen mit seinen Freunden, dem Kontakt zu den benachbarten Handwerkern, vom Baden in der Mosel. Bei einem Schulausflug entstand das Foto. Die Familie hielt ein koscheres Haus und feierte Schabbat, daneben besuchte Manfred wie alle seine Freunde den katholischen Kindergarten. Ab 1933 weigerte sich der Friseur des Vaters, ihn weiter zu rasieren, die Hitlerjugend sang antisemitische Schmählieder vor ihrem Haus. Manfreds Mutter kam 1935 bei einem Brandunfall ums Leben, der Vater heiratete ein Jahr später erneut. Nach dem 9. November 1938 wurde Eduard Wolf ins KZ Dachau gebracht, sein Geschäft völlig zerstört. Er wurde entlassen, und schickte Manfred 1939 in ein Hachschara-Lager bei Köln, um sich zum Mechaniker auszubilden und auf die Auswanderung vorzubereiten.

 

1942 sollten Vater und Stiefmutter deportiert werden, am Telefon fragte ihn Eduard, ob Manfred mitkäme. Der Sohn ahnte, was dies bedeutete, und lehnte ab. Von seinen Eltern hörte er nie wieder. Aus dem Arbeitslager Paderborn, in das Manfred mit dem Verbot der Hachschara 1941 gekommen war, wurden alle Jugendlichen 1943 nach Auschwitz deportiert. Dort wurde Manfred mit einigen der anderen jungen Männer ins KZ Buna/ Monowitz gebracht. Er musste auf der Baustelle der I.G. Farben Zwangsarbeit leisten: zunächst unter schwersten Bedingungen im Zementkommando, wo er sich nach einigen Tagen selbst verletzte und in den Krankenbau kam. Nach der Entlassung kam er in ein etwas besseres Arbeitskommando. Sein Kapo Harry nahm ihn mit ins Lager Sosnowitz, wo er als Dachdecker und in der Munitionsfabrikation arbeiten musste. Der Todesmarsch im Januar 1945 führte Manfred Wolf zunächst ins KZ Mauthausen, dann weiter durch Österreich, bis er im KZ Gunskirchen, einem Nebenlager von Mauthausen, von der U.S. Army befreit wurde. Zu Fuß gelangte er nach Salzburg, von wo ihn britische Palästina-Truppen über Genua nach Haifa brachten.

 

Er kam bei seinem Onkel unter und arbeitete als Mechaniker für die Luftwaffe. 1951 entschied er sich, nach Deutschland zurückzukehren, um sein Elternhaus wieder in Besitz zunehmen. In Köln traf er Sonja, eine Zionistin, die aus der „Ostzone“ geflohen war. Nach einem halben Jahr Bekanntschaft heirateten sie; ihre Tochter Rika kam 1952 zur Welt. Die Wolfs wollten nach Amerika und kamen am 5. April 1954 in Erie, PA, an. Ihr Sohn Eddie wurde dort geboren. Heute lebt Manfred Wolf in Los Angeles. Antisemitischen Ressentiments begegnet er offen: „Now, I fight back.“

(SP)



Quelle

Manfred Wolf, Lebensgeschichtliches Interview [Eng.], 14.4.1996. USC Shoah Foundation Institute, Survivors of the Shoah Visual History Archive, Code 14156.

[1] Manfred Wolf, Lebensgeschichtliches Interview [Eng.], 14.4.1996. USC Shoah Foundation Institute, Survivors of the Shoah Visual History Archive, Code 14156.