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Ya’acov Silberstein (*1924)

Ya’acov Silberstein, Videostill aus dem Interview für das Wollheim Memorial, 2007
'© Fritz Bauer Institut
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Ya’acov Silberstein, Videostill aus dem Interview für das Wollheim Memorial, 2007
© Fritz Bauer Institut

„Ich sage zu den Studenten, die sich mit dem Material beschäftigen werden, nicht nur mit meinem, dem aller, die in Buna-I.G. Farben waren: Schaut, was wir durchgemacht haben. Lernt und lasst auch ihr nicht zu, dass das vergessen wird.“

(Ya’acov Silberstein, Lebensgeschichtliches Interview [Hebr.], 29./30.7.2007. Archiv des Fritz Bauer Instituts, Norbert Wollheim Memorial. (Übers. MN))

„Ich sagte: ‚Ich muss das Ende der Nazis sehen.‘ Das gab mir viel Energie. Ich sagte: ‚Ich muss das Ende sehen, Punkt. Ich muss das Ende sehen, das und leben.‘“[1]

 

Ya’acov Silberstein wurde im Oktober 1924 in Tomaszów-Mazowiecki in der Nähe von Łódź, Polen, in eine streng religiöse jüdische Familie geboren. Er hatte nur eine Schwester, die bereits vor seiner Geburt starb. Die Eltern besaßen ein Kleidungsgeschäft im Zentrum von Tomaszów, um das sich vor allem seine Mutter kümmerte, da sein Vater, der Tradition folgend, meist in der Synagoge war, um zu beten und die religiösen Schriften und Gebote zu studieren. Ya’acovs Vater war Gerrer Chassid, entfernt verwandt mit dem Rebbe von Gur, dem Oberhaupt der Gerrer Chassidim. Ya’acov lernte von klein auf in religiösen Schulen, um selbst einmal Rabbiner zu werden. Mit 11 Jahren kam er in die Yeshiva, zunächst zu den Lubavitchern, dann mit 12 Jahren in die Yeshivat Chach in Lublin, damals die größte jüdische religiöse Schule in Polen.

 

Am 13. September 1939 wurde Ya’acov Silberstein in Tomaszów verhaftet, als er für die hohen Feiertage nach Hause gekommen war. Er verbrachte mehrere Wochen in Gefängnissen in Częstochowa, Görlitz und Rawicz, bis die SS ihn und andere polnische Juden ins KZ Buchenwald brachte. Dort musste er erst im Steinbruch, später in der Maurerschule arbeiten. Im Oktober 1942 gehörte Ya’acov Silberstein zu den ersten Häftlingen, die aus „reichsdeutschen“ Lagern ins KZ Buna/Monowitz deportiert wurden, um dort Lager und Fabrik für I.G. Farben aufzubauen. In Buna/Monowitz war er im Widerstand tätig, wurde von einem Kapo an die SS verraten, gefoltert, verriet aber seine Kameraden nicht. Am 18. Januar 1945 trieb SS die Häftlinge auf den Todesmarsch nach Gleiwitz; Ya’acov Silberstein wurde von dort weitertransportiert nach Buchenwald. Nach zwei Wochen in Buchenwald kam er zur Zwangsarbeit in eine Rüstungsfabrik in Altenburg. Dort befreite ihn im April 1945 die U.S. Army. Ya’acov Silbersteins Eltern, alle seine Tanten, Onkel und deren Familien waren im Oktober 1942 in Treblinka von den Deutschen ermordet worden.

 

Ya’acov Silberstein ging über Prag nach Italien, wo er für die Aliya Bet, die illegale Einwanderung ins Britische Mandatsgebiet Palästina, arbeitete und auch SS-Männer aufspürte. Er versuchte, selbst illegal einzuwandern, wurde aber von den Briten aufgegriffen und für knapp ein Jahr auf Zypern festgehalten, bevor er im Juni 1947 zusammen mit Rachel Moses, die er auf Zypern geheiratet hatte, einwandern konnte. Das Paar ließ sich in Rishon Le-Zion nieder und bekam zwei Söhne, die sie religiös erzogen.

 

1953 gründete Ya’acov Silberstein das Centre of Organizations of Holocaust Survivors in Israel (מרכז האירגונים של ניצולי השואה בישראל), dem heute 42 Organisationen von Überlebenden angehören. 1994 gründete er The Foundation for the Benefit of Holocaust Victims in Israel (הקרן לרווחה לנפגעי השואה בישראל), für die er bis heute arbeitet. Die Wohlfahrtsstiftung hilft bei der medizinischen Versorgung bedürftiger Überlebender des Holocaust. Ya’acov Silberstein lebt heute in Rishon Le-Zion, Israel.

(MN)

 

 

Ya’acov Silberstein, lebensgeschichtliches Interview

(Hebräisch, mdU)



Quelle

Ya’acov Silberstein, Lebensgeschichtliches Interview [Hebr.], 29./30.7.2007. Archiv des Fritz Bauer Instituts, Norbert Wollheim Memorial.

[1] Ya’acov Silberstein, Lebensgeschichtliches Interview [Hebr.], 29./30.7.2007. Archiv des Fritz Bauer Instituts, Norbert Wollheim Memorial. (Übers. MN)