Benjamin Grünfeld: Bilder von Auschwitz
Benjamin Grünfeld, 1944 als Jude aus Cluj, Rumänien, nach Auschwitz deportiert, überlebte gemeinsam mit seinem Bruder Herman ein Jahr Haft im KZ Buna/Monowitz unter schlimmsten Bedingungen, den Todesmarsch nach Gleiwitz und die sogenannten Evakuierungstransporte in offenen Güterwaggons über Mittelbau-Dora nach Bergen-Belsen, wo die Brüder am 15. April 1945 von der Britischen Armee befreit wurden.
Schon als kleiner Junge liebte es Benjamin Grünfeld zu zeichnen, er sagt von sich, er habe ein fotografisches Gedächtnis. Die Dinge, die er im Lager sehen und erleben musste, sind ihm noch heute gegenwärtig, die Bilder lassen ihn nicht los. Er hat sie gemalt, über Jahre hinweg. In fahlen Farben und realistisch anmutendem Stil legt er Zeugnis ab von Verfolgung, Brutalität und Misshandlung. Die Bilder sprechen eine klare Sprache: Von der Deportation über die Ankunft an der Rampe in Auschwitz-Birkenau bis zur Lagerhaft in Buna/Monowitz, Mittelbau-Dora und Bergen-Belsen zeichnet er seine Erfahrungen auf. Den Ermordeten aus seiner Familie und unter den Kameraden sucht er ein Gesicht zu geben: im Moment individuellen Erlebens und Leidens – bei der Selektion, bei der Erhängung, beim Prügelmord auf der Baustelle – werden sie aus der grauen Masse der abgemagerten Häftlinge herausgehoben, bekommen sie ein Gesicht. Den erschöpften Häftlingen stehen die gut genährten SS-Bewacher in Uniform und einzelne Häftlingsfunktionäre gegenüber, immer ein Stück größer als die Häftlinge und mit allen Anzeichen von Gewaltbereitschaft. Der graue Himmel über dem Lager, stets in horizontalen Streifen ausgerichtet, spiegelt den Flammenschein der Krematorien wider und scheint die beklemmende Szenerie auch noch nach oben abschließen zu wollen.
Seine eigene Position als Zeuge und Überlebender betont Benjamin Grünfeld in den Bildern: Er setzt sich selbst – erkennbar an seiner schwach lesbaren Häftlingsnummer auf dem Arm – als Beobachter in die Bilder, einzelne zeichnet er mit seiner Häftlingsnummer neben seinem Namen. Die realistische Ausgestaltung der Szenerie auf eine dokumentierende Funktion zu reduzieren, wäre ein Missverständnis: Die Bilder versuchen eine Annäherung an eine Dokumentation des Lagers – vor allem aber fordern sie. Sie fordern von den Betrachtenden die Bereitschaft, sich die vermittelte Ahnung der psychischen Bedingtheiten der Konzentrationslagerhaft vor Augen halten zu lassen und die Bilder als Anregung der eigenen Vorstellungskraft und Empathie zu begreifen. Die Bilder Benjamin Grünfelds wollen bezeugen, wo Worte versagen.
(SP)