Buna für die Kriegswirtschaft – Planung und Großproduktion von 1933–1945
Nach der Machtübergabe an die Nationalsozialisten nahmen Reichswehr und I.G. Farbenindustrie im Mai 1933 Verhandlungen über die Produktion von Buna auf. Im November 1933 führten die Verhandlungen zu der Entscheidung, die Buna-Erzeugung wegen ihrer militärischen Bedeutung für die motorisierte Kriegführung im Zuge der Aufrüstungsprogramme des NS-Regimes staatlich zu fördern. Nach der Ernennung Hermann Görings zum Rohstoff- und Devisenkommissar und mit maßgeblicher Beteiligung des Vorstandsmitglieds der I.G. Farben, Carl Krauch, wurde 1936 der Vierjahresplan erarbeitet, der die Aufrüstungsziele des NS-Regimes auf dem Gebiet der strategischen Rohstoffe definierte. Im Rahmen des Vierjahresplans wurde im Oktober 1936 zunächst eine Produktionskapazität von 72.000 t Buna pro Jahr festgelegt, die in einem illusorischen Zeitplan in drei neu zu errichtenden Fabriken ab Anfang 1939 hergestellt werden sollten.[1] Kurz darauf wurden die Bedarfsschätzungen nach oben korrigiert und erreichten 100.000 t Buna jährlich, die in vier Werken mit einer Kapazität von jeweils 25.000 t jährlich erreicht werden sollten.[2]
Der Bau des ersten Bunawerkes der I.G. Farben wurde 1936 in Schkopau begonnen. Im Mai 1938 begannen die Bauarbeiten am zweiten Bunawerk der I.G. Farben in Hüls. Aufgrund von Versorgungsengpässen an Baumaterial und erheblichem Arbeitskräftemangel auf den Baustellen der Bunawerke im Mai und Juni 1938 musste das Bauvorhaben des dritten Bunawerks zunächst zurückgestellt werden. Mitte 1937 war das Bauprojekt eines vierten Bunawerks im Vierjahresplan aufgegriffen worden, wurde letztlich „aber nicht weiter verfolgt“[3]. Nach längeren Verhandlungen zwischen den Rüstungsbehörden des NS-Staates und der I.G. Farbenindustrie über den Ausbau der Bunaproduktion bestätigte das Reichsamt für Wirtschaftsausbau im November 1938 eine Erhöhung der Buna-Kapazitäten im Endausbau in Schkopau von jährlich 40.000 auf 60.000 t und in Hüls von 30.000 auf 40.000 t.[4] Da mit den beiden Werken die angestrebte Produktionskapazität von jährlich insgesamt 100.000 t Buna erreicht werden sollte, konnten die endgültigen Standortentscheidungen für die geplanten Werke Buna III und Buna IV noch verschoben werden.
Unmittelbar vor dem Überfall auf Polen beruhte die deutsche Kautschukversorgung noch fast vollständig auf Weltmarkteinfuhren. Die Angaben zur Importabhängigkeit Deutschlands von der ausländischen Kautschukproduktion schwanken in der Literatur für das Jahr 1939 zwischen 80–90%.[5] Nach den militärischen Siegen der Wehrmacht in Polen und Westeuropa wurden die Planziffern der Buna-Produktion angesichts der veränderten geopolitischen Voraussetzungen in Erwartung neuer Absatzmärkte im Rahmen einer europäischen „Großraumwirtschaft“ unter deutscher Vorherrschaft weiter erhöht. Im Herbst 1940 ging man innerhalb der I.G. Farbenindustrie davon aus, dass ein wirtschaftlicher Einsatz einer Buna-Produktion von 120–150.000 t pro Jahr erforderlich sei, um einem Gesamtbedarf von jährlich 300.000 t Kautschuk „im mitteleuropäischen Wirtschaftsgebiet“ zu decken.[6] Die tatsächlich bei Kriegsbeginn vorhandenen Produktionskapazitäten waren von diesen Planziffern jedoch noch weit entfernt. Vor Kriegsbeginn war allein im Bunawerk in Schkopau 1937 die Herstellung synthetischen Kautschuks begonnen worden. In Hüls (Buna II) lief die Produktion 1940 und Ludwigshafen (Buna III) erst Ende 1942 allmählich an.[7] In dem seit April 1941 im Aufbau befindlichen I.G.-Werk in Auschwitz (Buna IV) sollte die Produktion 1943 aufgenommen werden. Aufgrund von Baumaterial- und Arbeitskräftemangel verzögerte sich der vorgesehene Produktionsbeginn zuletzt auf Februar/März 1945. Die Aufnahme der Buna-Produktion in Auschwitz wurde durch die Einnahme des Werks durch die Rote Armee am 27. Januar 1945 vereitelt. Während des Zweiten Weltkriegs stieg der Anteil der synthetischen Kautschukproduktion durch die Bunawerke der I.G. Farben stark an und war am Kriegsende in der Lage, den Verbrauch zu decken.
(FS)
Kautschukproduktion und Verbrauch in Deutschland (1939–1944) [8]
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Jahr |
Gesamtproduktion in 1000 t |
davon synthetische Produktion |
Anteil in Prozent |
1939 |
99 |
22 |
22 |
1940 |
57 |
40 |
70 |
1941 |
96 |
69 |
72 |
1942 |
123 |
117 |
80 |
1943 |
124 |
117 |
94 |
1944 |
104 |
104 |
100 |