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Carl-Ludwig Lautenschläger (1888–1962)

Carl-Ludwig Lautenschläger. Fotoaufnahme aus der National Archives Collection of World War II War Crimes Records vom Nürnberger Prozess gegen I.G. Farben'© National Archives, Washington, DC
Carl-Ludwig Lautenschläger. Fotoaufnahme aus der National Archives Collection of World War II War Crimes Records vom Nürnberger Prozess gegen I.G. Farben
© National Archives, Washington, DC

 a  In ihrem Urteil gaben die Richter der Überzeugung Ausdruck, „daß die Angeklagten Hörlein, Lautenschläger und Mann genau wußten, daß Konzentrationslagerinsassen rechtswidrig von SS-Ärzten mit dem Flecktyphus-Bazillus in der Absicht infiziert wurden, Experimente mit diesen Erzeugnissen der I.G. durchzuführen […]

Ohne in die Einzelheiten einzugehen, die uns zu einer Verneinung der Tatfrage veranlaßt haben, sei hier gesagt, daß das Beweismaterial das Militärgericht nicht davon überzeugt hat, daß die genannten Angeklagten sich in diesem Punkt strafbar gemacht haben.“

(Das Urteil im I.G.-Farben-Prozess. Der vollständige Wortlaut. Offenbach am Main: Bollwerk 1948, S. 112.)

„Als ich im Jahre 1938 vom Vorstand und Aufsichtsrat der I.G. zum Werksleiter von Hoechst bestimmt wurde, liess mich der Gauleiter von Hessen-Nassau, Sprenger, wissen, dass er mich nur bestätigen wolle, wenn ich in die NSDAP einträte. Nach eingehender Überlegung […] habe ich mich entschlossen, diesen Schritt zu tun, da zu dieser Zeit sonst kein anderer geeigneter Mann für die Leitung des Werkes in Betracht kam. Ich musste verhindern, dass vom Gauleiter ein ihm höriger Parteigenosse des Werkes oder ein sonstiger Mitarbeiter der Gauleitung als Werksleiter eingesetzt wurde; dies wäre zum grossen Schaden des Werkes und auch für die Gefolgschaft gewesen.“[1]

 

Carl-Ludwig Lautenschläger wurde am 27. Februar 1888 als Sohn des Architekten Ludwig Lautenschläger und seiner Frau Paula (geb. Schober) in Karlsruhe geboren. Er besuchte die Schule in Karlsruhe und Mannheim und absolvierte eine Apothekerlehre in Karlsruhe. Anschließend nahm er ein Studium der Chemie, Pharmazie und Medizin in Karlsruhe, Heidelberg, Würzburg und Freiburg auf, das er 1910 als Diplom-Chemiker abschloss. 1913 wurde er in Karlsruhe zum Dr.-Ing. promoviert. Nach einjährigem Kriegseinsatz erhielt Lautenschläger 1915 die Approbation zum Apotheker und nahm sein Medizinstudium wieder auf. 1919 bestand er das medizinische Staatsexamen und wurde in Freiburg zum Dr. med. promoviert. Im Juli desselben Jahres habilitierte er sich für die pharmazeutischen Fächer. 1920 wurde er außerordentlicher Professor für Pharmazie an der Universität Greifswald.

 

Im selben Jahr trat Carl-Ludwig Lautenschläger in die Pharmazeutische Abteilung von Höchst ein, wo er 1922 zum Prokuristen und Leiter des Wissenschaftlichen Büros befördert wurde. Er forschte vor allem auf dem Gebiet der Diabetika. 1931 wurde er zum stellvertretenden Vorstandsmitglied der I.G. Farben und Mitglied der Pharmazeutischen Haupt-Konferenz ernannt. Er war insbesondere für die Entwicklung und Produktion von Impfstoffen und Schädlingsbekämpfungsmitteln zuständig. Er war mit Elisabeth Wasmer verheiratet, mit der er zwei Kinder hatte. Lautenschläger trat 1938 in die NSDAP ein, übernahm die Leitung der Betriebsgemeinschaft (BG) Mittelrhein/Maingau und des Werkes Höchst und wurde zugleich ordentliches Vorstandsmitglied. 1942 wurde er „Wehrwirtschaftsführer“, er war Träger des Kriegsverdienstkreuzes 1. Klasse.

 

1946 wurde Carl-Ludwig Lautenschläger von der US-Militärregierung verhaftet und ein Jahr später im Nürnberger Prozess gegen I.G. Farben der Versklavung und des Massenmords angeklagt, aber 1948 freigesprochen; das Gericht war zwar überzeugt, dass die pharmazeutische Abteilung der SS Medikamente zum Test an Häftlingen überlassen hatte, konnte jedoch eine individuelle Schuld Lautenschlägers nicht nachweisen.  a  Anschließend war er als wissenschaftlicher Mitarbeiter bei Bayer Elberfeld tätig, wo Ulrich Haberland vielen ehemaligen I.G. Farben-Kollegen zu neuer Tätigkeit verhalf. 1952 trat Carl-Ludwig Lautenschläger in den Ruhestand. Er starb am 6. Dezember 1962 in Karlsruhe.

(SP)



Quellen

Carl Ludwig Lautenschläger, Eidesstattliche Erklärung, 23.4.1947, NI-8004. Archiv des Fritz Bauer Instituts, Nürnberger Nachfolgeprozess Fall VI, reel 018, Bl. 69–74.

Carl Ludwig Lautenschläger, Positionen nach Anhang A, 13.8.1947, NI-9759. Archiv des Fritz Bauer Instituts, Nürnberger Nachfolgeprozess Fall VI, reel 018, Bl. 65–66.

 

Literatur

Heine, Jens Ulrich: Verstand & Schicksal. Die Männer der I.G. Farbenindustrie A.G. Weinheim: VCH Verlagsgesellschaft 1990.

Lindner, Stephan H.: Hoechst. Ein I.G. Farben Werk im Dritten Reich. München: Beck 2005.

[1] Carl Ludwig Lautenschläger, Eidesstattliche Erklärung, 23.4.1947, NI-8004. Archiv des Fritz Bauer Instituts, Nürnberger Nachfolgeprozess Fall VI, reel 018, Bl. 69–74, hier Bl. 72.