Christian Schneider (1887–1972)
(Christian Schneider, Direktes Verhör durch Dr. Dix, 18.2.1948. Archiv des Fritz Bauer Instituts, Nürnberger Nachfolgeprozess Fall VI, Prot (d), Bl. 7385–7391, hier Bl. 7390.)
„Bei meinem Besuch in IG Auschwitz habe ich Kz-Häftlinge im Einsatz gesehen, z.B. bei Transportarbeiten, Zementsäcketragen, Grabenarbeiten. Die Häftlinge trugen gestreifte Anzüge und wurden von SS bewacht. Es waren z.T. ausgemergelte, abgearbeitete Menschen dabei, während ein Teil noch ganz gut aussah.“[1]
Christian Schneider wurde am 19. November 1887 in Kulmbach als Sohn des Elektroinstallateurs August Schneider und seiner Frau Babette (geb. Weiss) geboren. Nach dem Schulbesuch in Kulmbach und Nürnberg begann er 1907 ein Chemiestudium in Erlangen, das er 1911 mit einer Promotion über das Thema „Einwirkung von Benzanilidimidchlorid auf Hydrazin und Derivate desselben“ abschloss. Im Anschluss arbeitete er als Assistent an der Bergakademie in Freiberg, bis er 1912, als Mitarbeiter von Alwin Mittasch, bei BASF ins Stickstofflabor eintrat. 1914 nahm er als Soldat am Ersten Weltkrieg teil und wurde verwundet. 1919 wurde er Assistent von Carl Krauch in Leuna, für ihn der Ausgangspunkt einer raschen Karriere: 1921 wurde er Prokurist, 1923 Direktor und 1924 stellvertretender Geschäftsführer der Ammoniakwerke Merseburg, deren Werksleitung er 1936 übernahm.
1928 wurde Christian Schneider als stellvertretendes Vorstandsmitglied der I.G. Farben berufen. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten wurde er 1933/34 förderndes Mitglied der SS.
1938 wurde Christian Schneider ordentliches Vorstandsmitglied der I.G. Farben und übernahm die Leitung der Sparte I (Stickstoff, Öle und Gruben) als Nachfolger von Carl Krauch. Darüber hinaus leitete er die Zentrale Personalabteilung. 1939 wurde er gesetzlicher Hauptbetriebsführer I.G. Farben und war als solcher auch für die Belegschaft der I.G. Auschwitz verantwortlich. 1940 wurde Schneider Hauptabwehrbeauftragter der I.G. und ein Jahr später zum „Wehrwirtschaftsführer“ ernannt. Er war zwei Mal verheiratet, mit Frieda Butzengeiger und mit Hedwig Breidenbach, und hatte insgesamt vier Kinder.
Am 22. Juni 1945 wurde er von Leuna in die amerikanische Besatzungszone „evakuiert“[3] und hier 1947 im Nürnberger Prozess gegen I.G. Farben wegen Plünderung, Versklavung und Mitgliedschaft in der SS angeklagt. Nach seinem Freispruch wurde er Aufsichtsratsmitglied der Süddeutschen Kalkstickstoff-Werke AG Trostberg und der Rheinauer Holzhydrolyse-GmbH, Mannheim. Christian Schneider lebte zuletzt in Ziegelhausen bei Heidelberg, wo er am 5. Mai 1972 starb.
(SP)