Das Buna-Außenkommando (April 1941 bis Juli 1942)
Auf einem Nebengleis in der Nähe des Bahnhofs stand ein vorbereiteter Güterzug, auf den wir verladen wurden, und nach einigen Minuten Fahrt stiegen wir auf einer kleinen Station im Bahnhof Dwory aus. ‚Arbeitskommando formieren!‘ ordnete der Kommandoführer an, ein großer Scharführer mit einer langen Hakennase, den die Häftlinge ‚Eule‘ nannten. Auf das Kommando hin stellten sich 2000 Menschen, wie von einem Zauberstab berührt, in Reihen auf […] Am Ende des Dorfes gabelte sich der staubige Weg in zwei Richtungen. Die Mehrheit der Kolonnen bog nach links ab, wir begaben uns nach rechts, hinter den SS-Männern her, die uns den Weg zeigten […] Nachdem wir über umgegrabene Felder gesprungen waren, erreichten wir eine neugebaute Straße mit großer Verkehrsdichte. Autos, Lastwagen, Fahrräder, Fußgänger. Alles begab sich auf den großen Platz des Baus, der Buna war […] Neben der Straße wird ein besonderer Fahrweg gebaut. Wo man mit Pfosten darauf gezogenen Schnüren eine gerade Linie gezogen hatte, sollten wir das Gelände nivellieren und sämtliche Unebenheiten verschwinden lassen, deren es eine ganze Menge gab, besonders die herausragenden Wurzeln der Bäume, die entlang der Straße wuchsen.“
(Wieslaw Kielar: Anus Mundi. Fünf Jahre Auschwitz. Frankfurt am Main: Fischer 1979, S. 133–134.)
Mitte April 1941 rückte das Buna-Außenkommando unter SS-Bewachung erstmals auf die Werksbaustelle der I.G. Farbenindustrie in Auschwitz aus. Am 21. April 1941 erreichte es eine Stärke von 150 Häftlingen.
Wiederholt kam es zu Auseinandersetzungen zwischen der Bauleitung der I.G. Farbenindustrie und der SS über die strikte Kontrolle und Überwachung der Häftlinge am Arbeitsplatz auf der Baustelle sowie auf dem 6–7 km langen Hin- und Rückweg zwischen dem Konzentrationslager Auschwitz und dem Einsatzort. In der Anfangszeit wurden die Häftlinge täglich mit Lastwagen transportiert; dies wurde im Mai 1941 aufgegeben, als das Buna-Kommando auf mehrere Hundert Arbeitskräfte angewachsen war. Der Fußmarsch raubte den gesundheitlich angeschlagenen und unterernährten Häftlingen die letzten Kraftreserven und erhöhte die Todesrate. In den Augen der Werksleitung stellte der strapaziöse Fußmarsch der Häftlinge einen nutzlosen physischen Verschleiß der Arbeitskraft dar, minderte ihre Leistungsfähigkeit und nahm viele Stunden kostbarer Arbeitszeit in Anspruch. Ende Juli 1941 veranlasste die I.G. Farben daher die Beförderung der Häftlinge mit der Reichsbahn zwischen dem Stammlager und dem am nördlichen Rand des Werksgeländes gelegenen Bahnhof im Dorf Dwory.
Der von SS-Wachen begleitete tägliche Transport von etwa 1.000 bis 1.300 Häftlingen des Buna-Kommandos in 10–12 Güterwaggons war umständlich und zeitaufwendig. Ab Herbst 1941 wurden zudem Truppentransporte der Wehrmacht auf die bereits überlastete Bahnstrecke geleitet und verursachten häufig stundenlange Verspätungen der Züge zur Baustelle. Ende Dezember 1941 wurden die Bauarbeiten aufgrund starken Frosts weitgehend unterbrochen und der Bahntransport eingestellt. Im März 1942 wurden der Häftlingseinsatz wieder verstärkt und die Transporte mit der Reichsbahn erneut aufgenommen. Die Leitung der I.G. Auschwitz forderte bei der Kommandantur des KZ Auschwitz die Errichtung eines eigenen KZ-Außenlagers, das schließlich im Oktober 1942 in Monowitz eröffnet wurde.
(FS)