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Karel Sperber (1910–1957)

Karel Sperber wurde 1910 in Tachov, Böhmen, geboren. Er studierte Medizin in Prag und Wien. Nach dem Einmarsch der Deutschen in die Tschechoslowakei floh er nach England, wo er sich als Ausländer nicht als Arzt niederlassen konnte. Er heuerte als Schiffsarzt auf der Automedon an, einem Schiff der britischen Handelsmarine, das am 11. November 1940 vor Sumatra von der deutschen Marine versenkt wurde. Karel Sperber und die anderen überlebenden Crew-Mitglieder wurden nach Bordeaux gebracht. Nach Aufenthalten in mehreren Kriegsgefangenenlagern kam Karel Sperber schließlich Ende 1942 ins Gefängnis in Bremen. Am 13. Dezember 1942 kam er als jüdischer Häftling im KZ Auschwitz an, obwohl er nach der Genfer Konvention als britischer Kriegsgefangener zu behandeln gewesen wäre. Den Vorwand hierfür lieferten den deutschen Behörden die Schiffspapiere der Automedon, welche Sperber unter tschechischer Nationalität führten. Er musste in Auschwitz dem SS-Arzt Carl Clauberg bei Sterilisationsversuchen an jüdischen Frauen assistieren. 1944 arbeitete Sperber im Krankenbau des KZ Buna/Monowitz.

 

Als er davon erfuhr, dass auch britische Kriegsgefangene auf der Baustelle der I.G. Auschwitz zur Zwangsarbeit eingesetzt wurden, versuchte Karel Sperber, zu ihnen Kontakt herzustellen. Dies war ihm nur durch andere Häftlinge möglich, da er selbst auf Grund seines Arbeitsplatzes im Krankenbau keine Möglichkeit hatte, das KZ Buna/Monowitz zu verlassen. Seine Nachricht erreichte den Vertrauensmann der britischen Kriegsgefangenen, Charles Joseph Coward. Coward wagte es, mit einem anderen Häftling auf der Baustelle die Kleider zu tauschen und sich für eine Nacht ins KZ Buna/Monowitz zu schmuggeln. Doch gelang es ihm nicht, unter den tausenden Häftlingen Sperber zu finden. Auch scheint Karel Sperber von Cowards Unternehmung nichts gewusst zu haben.

 

Am 18. Januar 1945 wurde Karel Sperber auf den Todesmarsch nach Gleiwitz und weiter nach Buchenwald getrieben. Dort gelang ihm die Flucht. Er versteckte sich im Wald, bis er am 1. April 1945 auf amerikanische Truppen stieß. Karel Sperber kehrte nach England zurück, wo er Aufzeichnungen über seine Kriegszeit niederschrieb. 1946 erhielt er den Honorary Order of the British Empire. Karel Sperber heuerte wieder als Schiffsarzt an. Er arbeitete für den British Colonial Medical Service auf Ceylon und mehrere Jahre in Ghana. Dort erkrankte er am Hodgkin-Lymphom und verstarb 1957 in Accra.

(MN)



Quelle

Testimony of Karel Sperber (1946). Courtesy of the Vancouver Holocaust Education Centre.

 

Literatur

Romney, Claude: How All Roads Could Lead to Auschwitz: The Extraordinary Story of Dr. Karel Sperber. In: Zachor – Remember. The Vancouver Holocaust Education Centre Newsletter 3 (August 2005), S. 9.

White, Joseph Robert: “Even in Auschwitz…Humanity Could Prevail”: British POWs and Jewish Concentration-Camp Inmates at IG Auschwitz, 1943–1945. In: Holocaust and Genocide Studies 15 (2001), H. 2, S. 266–295.