Glossar

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Max Drimmer

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00:00:00 Herkunft

00:07:07 Antijüdische NS-Politik

00:09:17 Fluchtversuche

00:14:39 KZ Sachsenhausen

00:21:27 Deportation/Selektion

00:23:18 Überleben im KZ/Flucht

00:41:50 Leben auf der Flucht

00:55:23 Nachkriegszeit

„Es mag befremdlich klingen, aber für mich persönlich brachte Auschwitz den Wechsel fast in ein Sanatorium. Kamst Du in Auschwitz in die Gaskammer, dann warst Du alle Qualen los. Gelangtest Du zur Zwangsarbeit nach Buna, dann war es nicht ganz so schlimm wie Sachsenhausen."[1]

 

Max Drimmer kam am 25. März 1920 als Sohn von Moritz und Fanny Drimmer in Magdeburg zur Welt. Als er zwei Jahre alt war, zogen die Eltern, seine ältere Schwester und er nach Berlin um, wo die Familie einen Möbelladen eröffnete. Die Familie lebte orthodox. Am Tag seiner Bar Mitzwa, dem 1. April 1933, musste Max Drimmer den Boykott jüdischer Geschäfte und die öffentliche Demütigung seines Großvaters miterleben. Sein Vater floh im April 1938 nach Polen, um der drohenden Verschleppung ins Konzentrationslager zu entgehen, die Mutter führte das Geschäft weiter. Am 9. November 1938 wurde dieses völlig geplündert, Max wusste, dass er Deutschland verlassen wollte. Er begann gegen den Willen seiner Mutter eine Bäckerlehre, weil er glaubte, damit könne man überall leben. Fanny Drimmer wollte ihre Kinder außer Landes bringen und schickte ihre Tochter illegal nach Belgien. Max sollte nach Holland, wurde aber beim illegalen Grenzübertritt erwischt. Obwohl es der Mutter gelungen war, für ihn ein Siam-Visum zu bekommen, scheiterte seine Ausreise: Das Visum war ab England gültig, er erhielt von den englischen Behörden jedoch kein Transitvisum.

 

Am 13. September 1939 wurde er gemeinsam mit 1.700 weiteren Juden mit polnischem Pass ins KZ Sachsenhausen deportiert. Dort erfuhr er Brutalität und Willkür durch die SS. Im Oktober 1942 wurde er nach Auschwitz deportiert. Bei der Selektion bei der Ankunft wurde er von seinen Freunden, Mendel Scheingesicht (später Herman Shine) und Bully Schott, getrennt. Hinter dem Rücken des SS-Arztes schlich er sich auf ihre Seite und entging so zum ersten Mal dem Tod in der Gaskammer. Max Drimmer wurde ins KZ Buna/Monowitz gebracht. Bei der Zwangsarbeit auf der Baustelle der I.G. Farben zertrümmerte ihm ein Stahlträger einen Fuß, acht Wochen lang lag er im Krankenbau, wo er außerdem an Tuberkulose erkrankte. Nach einer teilweisen Genesung kam er in ein Arbeitskommando, das unter Leitung seines Freundes Leo Brenner Rohrisolationsarbeiten durchführte. Auf der Baustelle hatte er einen polnischen Zivilarbeiter, Józef Wróna, kennengelernt. Dieser bot an, ihm bei der Flucht zu helfen. Gemeinsam mit Mendel Scheingesicht entkam Max Drimmer am 20. September 1944 nachts von der Baustelle und versteckte sich vier Monate lang in der Scheune der Wrónas. Als die SS den beiden auf die Spur kam, flohen sie weiter über Gleiwitz, wo ihnen die Familie Schlesinger eine Unterkunft für die letzten Kriegstage besorgte.

 

Unmittelbar nach der Befreiung durch die Rote Armee arbeitete Max Drimmer zunächst in deren Auftrag als Gutsverwalter; schließlich kehrte er jedoch mit Mendel Scheingesicht und den Schlesingers nach Berlin zurück, wo er seine Vorkriegsliebe Herta Zowe wiedertraf. Er heiratete sie am 17. Februar 1946, gleichzeitig mit Mendel Scheingesicht und Marianne Schlesinger. Beide Paare wollten in die USA emigrieren; die Ausreise verzögerte sich jedoch durch Max Drimmers Tuberkuloseerkrankung bis März 1947. Die Paare ließen sich in Kalifornien nieder, wo Max Drimmer zunächst als Bäcker, später als Installateur arbeitete. Max und Herta Drimmer bekamen zwei Söhne. Vom Verbleib seiner Eltern weiß Max Drimmer kaum etwas: Sein Vater gilt in Polen als verschollen, seine Mutter wurde 1942 nach Riga deportiert und kam in Auschwitz um. Nur seine Schwester überlebte den Krieg in einem Lager in Toulouse.
Max Drimmer ist am 14. August 2012 im Alter von 92 Jahren gestorben.

(SP)



Quellen

Max Drimmer, Lebensgeschichtliches Interview [Eng.], 6.10.1997. USC Shoah Foundation Institute, Survivors of the Shoah Visual History Archive, Code 34008.

Max Drimmer, Lebensgeschichtliches Interview [Eng.], 3.7.2007. Archiv des Fritz Bauer Instituts, Norbert Wollheim Memorial.

 

Literatur

Helas, Horst: Juden in Berlin-Mitte: Biographien – Orte – Begegnungen. Berlin: Trafo 2001.

 

Fernsehfilm

Escape from Auschwitz. A portrait of a friendship (USA 2001, R: Josh Springer)

[1] Max Drimmer in: Horst Helas: Juden in Berlin-Mitte: Biographien – Orte – Begegnungen. Berlin: Trafo 2001, S. 202.