Norbert Wollheims Arbeit in der Jüdischen Jugendbewegung (1926–1938)
Q: You attended his lectures?
NW: Not at the university. He was attached to the University of Frankfurt, if I’m not mistaken. But he came to us for lectures organized by the Youth Movement. Because whether it was the world of Hassidism which he opened to us not emotionally but intellectually, or it gave us a complete new insight into Jewish life. Martin Buber was instrumental in bringing back a whole generation of young people to Jewish values.“
(Norbert Wollheim, Interview mit Nikolaus Creutzfeldt [Eng.], New York 1986–88 (Heinlyn Productions; produziert von Leslie C. Wolf). Archiv des Fritz Bauer Instituts, Transkript, S. 29.)
NW: No. No, I don’t remember any professor resisting because this is not a German concept. That concept of civilian citizens standing up to be counted did not exist in this way in the Germany of the times I remember.
Q: So there was never an occasion where a professor said, ‘Get out!’
NW: Well, Martin Wolff tried that and somehow they were a little astonished but it didn’t help too much.
Q: So the professor would leave the lecture hall?
NW: Small as Martin Wolff was, he wasn’t more than 5’6” or 7” with a powerful personality and he was respected even by non-Jews, so I remember the first time when a small group came in he could somehow paralyze them but then they came with more.“
(Norbert Wollheim, Interview mit Nikolaus Creutzfeldt [Eng.], New York 1986–88 (Heinlyn Productions; produziert von Leslie C. Wolf). Archiv des Fritz Bauer Instituts, Transkript, S. 35.)
(Norbert Wollheim, Interview mit Nikolaus Creutzfeldt [Eng.], New York 1986–88 (Heinlyn Productions; produziert von Leslie C. Wolf). Archiv des Fritz Bauer Instituts, Transkript, S. 45.)
(Norbert Wollheim, First Interview [Eng.], 10.5.1991. United States Holocaust Memorial Museum, Transkript, S. 18 [sprachlich bereinigt].)
(Norbert Wollheim, Interview mit Nikolaus Creutzfeldt [Eng.], New York 1986–88 (Heinlyn Productions; produziert von Leslie C. Wolf). Archiv des Fritz Bauer Instituts, Transkript, S. 54.)
Kurze Zeit nach seiner Bar Mitzwa in der Synagoge in der Berliner Kaiserstraße am 1. Mai 1926 trat Norbert Wollheim der „Deutsch-Jüdischen Jugendgemeinschaft“ (DJJG) bei, einer nicht-zionistischen Gruppierung innerhalb der jüdischen Jugendbewegung in Deutschland. Im Zentrum der Jugendbewegung stand die Beschäftigung mit kulturellen und philosophischen Fragen. Dabei zielte die 1922 gegründete DJJG auf die Gestaltung jüdischen Lebens in Deutschland als Teil des deutschen kulturellen Lebens, sie sah sich in den Worten eines ihrer Gründer, Martin Sobotker, als „der Quell der Zweieinheit von Deutschtum und Judentum“[1]. Einflussreich waren für Norbert Wollheim in dieser Zeit die Schriften Martin Bubers und Franz Rosenzweigs
Die Grundüberzeugung, dass es wichtig sei, sich sozial zu engagieren und denjenigen zu helfen, die in schlechteren Umständen lebten als man selbst, war Norbert Wollheim von Hause aus mitgegeben worden. Sein Vater, Moritz Wollheim, war für Wohltätigkeitsorganisationen der Jüdischen Gemeinde Berlin aktiv, insbesondere in der Hilfe für Ostjuden in wirtschaftlich prekären Verhältnissen, aber auch bei den Jüdischen Kriegsveteranen des Ersten Weltkriegs. Auch Norberts Mutter, Elsa Wollheim, half bei Wohltätigkeitsorganisationen.
Die gemeinsame Arbeit mit engen Freunden in der DJJG wurde in den folgenden Jahren bestimmend für Norbert Wollheims Leben, und „out of this grew friendships that lasted over the years and even when we were all separated and people went to different countries it bridged even oceans and countries.“[2] 1931 nahm Norbert Wollheim, wie auch einige seiner Freunde aus der Jugendbewegung, ein Jurastudium an der Friedrich-Wilhelms-Universität Berlin auf. In diesen Jahren hatte die DJJG begonnen, mit dem Central-Verein (CV) nicht nur in sozialen Aktivitäten, sondern auch in Aktionen gegen den wachsenden Antisemitismus zusammenzuarbeiten. An der Friedrich-Wilhelms-Universität machte sich das Erstarken der Nationalsozialisten immer stärker bemerkbar, sie störten und verhinderten Vorlesungen von Professoren, die sie als jüdisch oder als politische Gegner betrachteten, bedrohten Studenten. Norbert Wollheim wusste von keinem nicht-jüdischen Professor zu berichten, der sich dagegen wandte.
Norbert Wollheim arbeitete nun verstärkt in der Jugendbewegung und für Sozialeinrichtungen der Jüdischen Gemeinde Berlin. Nach dem Reichstagsbrand in der Nacht vom 27./28. Februar 1933 nahmen die Repressalien gegen Juden und Jüdinnen zu. Der Central-Verein schickte Helfer/innen aus, die jüdische Familien besuchen sollten, die von Nazis angegriffen worden waren. Sie sollten sie unterstützen, aber auch feststellen, ob jemand verschleppt worden war und was sonst geschehen war. Unter diesen Helfern war Norbert Wollheim.
Norbert Wollheims enger Freund Martin Sobotker war von 1933–1939 Direktor des Jugendpflege- und Jugendwohlfahrtsdezernat der Jüdischen Gemeinde Berlin, und er schlug im Sommer 1933 vor, Freizeiten für jüdische Kinder in Dänemark und Schweden zu organisieren, da dies in Deutschland bereits verboten war. Norbert Wollheim nahm die Idee auf und war einer der Begleiter der ersten Jugendgruppe, die im Sommer 1933 nach Dänemark und Schweden fuhr, wo sie von den dortigen jüdischen Gemeinden herzlich aufgenommen wurden.
Im Dezember 1933 schloss sich die DJJG mit anderen nicht-zionistischen Jugendgruppierungen – der Hamburger Deutsch-Jüdischen Jugend, den Jüdischen Jugend- und Kinderscharen Berlin, dem Jüdisch-liberalen Jugendverein und CV-Jugendgruppen – zum „Bund deutsch-jüdischer Jugend“ (BDJJ) zusammen. Norbert Wollheim wurde Sekretär des BDJJ, er reiste auch als Redner in kleinere Orte, um dort moralische Unterstützung zu leisten. Ab 1935 wurde Auswanderung ein zunehmend dringenderes Anliegen des BDJJ und seiner Mitglieder. Norbert Wollheim arbeitete ab 1935 in einer Firma für Eisen- und Manganerzhandel, da er hoffte, dass damit verbundene Kontakte ins Ausland bei einer Auswanderung hilfreich sein könnten.
Anfang 1937 wurde der „Ring, Bund der jüdischen Jugend“ verboten, doch wurden Aktivitäten der Jugendbewegung im Verborgenen und als private Treffen getarnt fortgeführt. Norbert Wollheim nahm an diesen, wie auch am öffentlichen jüdischen Kulturleben teil.
Mitten in dieser Arbeit erhielten sie einen Anruf von Otto Hirsch von der Reichsvereinigung, dass Großbritannien bereit sei, jüdische Kinder aufzunehmen. Norbert Wollheim und andere aus der Jugendbewegung begannen mit der Organisation der Kindertransporte.
(MN)