Glossar

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Die Entwicklung der Produktpalette der I.G. Farben

Die Produktpalette der Unternehmen der I.G. Farben war breit gestreut. Sie umfasste neben der Farbenproduktion, der Entwicklung von Stickstoffdüngemitteln und der Produktion von Munition auch die Herstellung von Pharmazeutika, Kunstfasern und Produkten für Film und Fotografie.

 

Ein Projekt, das während des Rohstoffmangels im Ersten Weltkrieg Interesse hervorgerufen hatte, war die Produktion von synthetischem Kautschuk. Bayer begann mit der zunächst nicht sehr aussichtsreichen Forschung. Dafür wurden hohe Investitionskosten aufgebracht und dennoch konnte das Produkt anfangs qualitativ nicht mit natürlichem Kautschuk konkurrieren. 1929 meldete die I.G. ihr erstes Patent auf „Buna“, den synthetischen Kautschuk, an. Mit der Produktion im industriellen Ausmaß begann das Unternehmen aber erst 1937 im Buna-Werk Schkopau. Diese industrielle Großproduktion war möglich geworden, weil die I.G. eine Kooperation mit der NS-Regierungeinging, die im Zuge der Autarkiepolitik Deutschland von Kautschukimporten unabhängig machen wollte und subventionierte Preise und Abnahmegarantien zusicherte.

 

Das zweite kostenintensive Projekt, das Carl Bosch verfolgte, war die Herstellung synthetischer Treibstoffe. Zu diesem Zweck erwarb er über Hermann Schmitz 1925 das „Bergius-Patent“ zur Hydrierung von Kohle in Öl unter hohem Druck. Im September 1927 schloss die I.G. mit dem Erdölkonzern Standard Oil of New Jersey einen Vertrag über gemeinsame Forschungs- und Entwicklungsarbeiten auf dem Gebiet der Hochdruckhydrierung, und über die gegenseitige Verrechnung der Lizenzeinahmen ab. Zwei Jahre später übertrug sie der Standard Oil dann alle außerdeutschen Hydrierrechte gegen einen Kaufpreis von 35 Millionen US-Dollar (umgerechnet mehr als 149 Millionen RM), gründete mit ihr eine gemeinsame Trägergesellschaft, an der sie sich mit 20 Prozent des Kapitals beteiligte, und grenzte die wechselseitigen Interessenssphären ab. Schließlich erhielten diese Verträge 1930 einen organisatorischen Rahmen in Gestalt einer gemeinsamen Forschungsgesellschaft, der Joint American Study Company (JASCO), mit Sitz in Baton Rouge, LA. Ebenfalls 1927 wurde im Werk Leuna mit der Produktion von synthetischem Öl begonnen, allerdings ließen neue Rohölfunde den Ölpreis stark fallen. Die Fortführung des Projektes wurde innerhalb der I.G. kontrovers diskutiert, da der sehr hohe Kostenaufwand geringen Erfolgsaussichten gegenüberstand.

 

Im Laufe der Weltwirtschaftskrise ab 1929 machte besonders der Bereich der Stickstoff- und Treibstoffsynthese große Verluste; demgegenüber blieben die Umsätze in den Bereichen Farbenproduktion, Pharmazeutika, Kunststoffe und Photographika relativ stabil.

(DOP; erstellt auf der Grundlage von Karl Heinz Roth: Die Geschichte der I.G. Farbenindustrie AG von der Gründung bis zum Ende der Weimarer Republik)



Download

[pdf] Karl Heinz Roth_Die Geschichte der IG Farbenindustrie AG von der Gründung bis zum Ende der Weimarer Republik

 

Literatur

Borkin, Joseph: Die unheilige Allianz der I.G. Farben. Eine Interessengemeinschaft im Dritten Reich. Frankfurt am Main/New York: Campus 1990.

Hayes, Peter: Industry and Ideology: IG Farben in the Nazi Era. Cambridge/New York: Cambridge UP 1987.

Köhler, Otto: …und heute die ganze Welt. Die Geschichte der IG Farben BAYER, BASF und HOECHST. Köln: PapyRossa 1990.

Plumpe, Gottfried:Die I.G. Farbenindustrie AG. Wirtschaft, Technik und Politik 1904–1945. Berlin: Duncker & Humblot 1990.

Tammen, Helmuth: Die I.G. Farbenindustrie Aktiengesellschaft (1925–1933). Ein Chemiekonzern in der Weimarer Republik. Dissertation, Freie Universität Berlin 1978.