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Wilhelm Rudolf Mann (1894–1992)

Wilhelm Rudolf Mann. Fotoaufnahme aus der National Archives Collection of World War II War Crimes Records vom Nürnberger Prozess gegen I.G. Farben'© National Archives, Washington, DC
Wilhelm Rudolf Mann. Fotoaufnahme aus der National Archives Collection of World War II War Crimes Records vom Nürnberger Prozess gegen I.G. Farben
© National Archives, Washington, DC

 a „Von 1934–1938 war ich Sturmführer im S.A. Reitersturm Leverkusen. Ich trat dieser Gruppe bei, da dies die einzige Möglichkeit war, um reiten zu können.“

(Wilhelm Mann, Eidesstattliche Erklärung, 2.5.1947, NI-5167. Archiv des Fritz Bauer Instituts, Nürnberger Nachfolgeprozess Fall VI, Prosecution Exhibit 309, reel 018, Bl. 81–88, hier Bl. 85.)

 

 b  In seinem Urteil kam das Gericht zu dem Schluss: „Das Beweisergebnis rechtfertigt nicht den Schluß, daß der Aufsichtsrat oder die Angeklagten Mann, Hörlein oder Wurster als dessen Mitglieder bestimmenden Einfluß auf die Geschäftspolitik der DEGESCH oder strafrechtlich erhebliche Kenntnis von dem Verwendungszweck ihrer Erzeugnisse hatten. Aufsichtsratssitzungen fanden selten statt und die Berichte, die den Aufsichtsratsmitgliedern zugingen, enthielten nicht viel sachliche Information […]

[W]eder das Ausmaß der Erzeugung noch die Tatsache, daß große Mengen an Konzentrationslager versandt wurden, sind, für sich allein betrachtet, ausreichend für die Schlußfolgerung, daß die Personen, die von diesen Tatsachen Kenntnis hatten, auch um den verbrecherischen Zweck gewußt haben müssen, dem das Gas [Zyklon B] zugeführt wurde.“

(Das Urteil im I.G.-Farben-Prozess. Der vollständige Wortlaut. Offenbach am Main: Bollwerk 1948, S. 108–109).

„Fast anderthalb Jahrzehnte voll innerer Kämpfe […] waren notwendig, um die Erkenntnis reifen zu lassen, dass die für westliche Länder geeignete parlamentarische Staatsreform für deutsche Verhältnisse nicht passe […] Ungeheuer waren die Schwierigkeiten, die sich der neuen Regierung bei ihrem Amtsantritt entgegentürmten […] Aber ohne Zögern und mit größter Energie ging die Regierung ans Werk. Innerhalb weniger Monate wurden die Verhältnisse grundlegend umgestaltet [...] Das Volk bekam Ruhe und konnte wieder sicher, ohne für Leben und Gut zu fürchten, seinem Erwerb nachgehen.“[1]

 

Wilhelm Rudolf Mann wurde am 4. April 1894 als Sohn von Rudolf und Selma (geb. Herrenbrück) Mann geboren. Sein Vater war zunächst als Spediteur tätig und wurde später Pharma-Chef und Vorstandsmitglied von Bayer und I.G. Farben. Wilhelm Mann ging in Elberfeld und Lennep zur Schule und absolvierte 1910 die Handelsschule in Köln. Anschließend machte er eine dreijährige kaufmännische Lehre im Eisen- und Stahlwerk G. & J. Jäger in Elberfeld. 1913 diente er als Einjährig-Freiwilliger im Deutschen Heer und nahm am Ersten Weltkrieg teil. 1919 begann Wilhelm Mann ein Studium der Nationalökonomie in Köln. Ein Jahr darauf trat er eine Stelle im Verkauf bei Hoechst an, wo er 1922 zum Prokuristen im Bereich Farben befördert wurde. 1926 wurde er nach Leverkusen versetzt und wurde im Bereich Pharmazeutika und Schädlingsbekämpfungsmittel der I.G. Farben zum Nachfolger seines Vaters aufgebaut und saß darüber hinaus im Aufsichtsrat der DEGESCH. Er heiratete zunächst seine Cousine Else Herrenbrück; nach deren frühem Tod war er in zweiter Ehe mit Gerda Liefeldt verheiratet. Aus erster Ehe hatte er drei Kinder.

 

1928 wurde Wilhelm Mann Direktor und folgte 1931 seinem Vater als stellvertretendes Vorstandsmitglied der I.G. Farben nach. Darüber hinaus wurde er Vorsitzender des Ostasien-Ausschusses und diente als dänischer Konsul für das Rheinland und Westfalen. 1931 trat Mann der NSDAP bei, 1934 wurde er ordentliches Vorstandsmitglied bei I.G. Farben und SA-Sturmführer.  a  1937 wurde er in den kaufmännischen Ausschuss des Vorstands der I.G. berufen, ein Jahr später wurde er Reichswirtschaftsrichter. Er erhielt 1944 das Kriegsverdienstkreuz 1. Klasse. 1945 wurde er von der U.S. Army verhaftet und 1948 im Nürnberger Prozess gegen I.G. Farben von der Anklage wegen Plünderung und Raub und wegen Massenmord freigesprochen.  b  Ein Jahr später war er bereits wieder Leiter des Verkaufs Pharmazeutika bei Bayer. Bis 1955 stand er der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK), deren Präsident er bereits von 1935–1945 gewesen war, und dem Außenhandelsausschuss des Bundesverbandes der deutschen Industrie (BDI) vor. Wilhelm Rudolf Mann starb am 10. März 1992 in Grainau.

(SP)



Quellen

Wilhelm Mann, Rundschreiben an die Bayer Comp. Inc und die Winthrop Chemical Comp. Inc, beide New York, 14.12.1933, NI-10267. Archiv des Fritz Bauer Instituts, Nürnberger Nachfolgeprozess Fall VI, ADB 44 (d), Bl. 99–118.

Wilhelm Mann, Eidesstattliche Erklärung, 2.5.1947, NI-5167. Archiv des Fritz Bauer Instituts, Nürnberger Nachfolgeprozess Fall VI, Prosecution Exhibit 309, reel 018, Bl. 81–88.

Wilhelm Mann, Positionen nach Anhang A, 21.5.1947, NI-9893. Archiv des Fritz Bauer Instituts, Nürnberger Nachfolgeprozess Fall VI, Prosecution Exhibit 308, reel 018, Bl. 77–78.

 

Literatur

Heine, Jens Ulrich: Verstand & Schicksal. Die Männer der I.G. Farbenindustrie A.G. Weinheim: VCH Verlagsgesellschaft 1990.

Das Urteil im I.G.-Farben-Prozess. Der vollständige Wortlaut. Offenbach am Main: Bollwerk 1948.

[1] Wilhelm Mann, Rundschreiben an die Bayer Comp. Inc und die Winthrop Chemical Comp. Inc, beide New York, 14.12.1933, NI-10267. Archiv des Fritz Bauer Instituts, Nürnberger Nachfolgeprozess Fall VI, ADB 44 (d), Bl. 99–118, hier Bl. 101–102.