Glossar

Fahren Sie mit der Maus über ein rotes Wort im Haupttext, um den Glossareintrag für dieses Wort zu sehen.

Bernhard Rakers (1905–1980)

Bernhard Rakers
'© Fritz Bauer Institut
Bernhard Rakers
© Fritz Bauer Institut

Bernhard Rakers, 1905 in Sögel im Emsland geboren, stammte aus einfachen Verhältnissen. Sein Vater war Gastwirt und Bahnspediteur, seine Mutter Hausfrau. Nach dem Besuch der Volks- und Realschule in seiner Geburtsstadt begann Rakers eine Bäckerlehre, die er mit der Gesellenprüfung abschloss. 1930 machte er die Meisterprüfung. Wegen einer Berufskrankheit musste Rakers Ende 1933 seine Tätigkeit aufgeben und wurde arbeitslos. Bereits im März 1933 war er der NSDAP und der SA beigetreten und bewarb sich im Februar 1934 als Wachmann in den frühen Konzentrationslagern im Emsland. Die Emslandlager (Börgermoor, Esterwegen u.a.) waren von der SA eingerichtet worden. Seine Ausbildung zum KZ-Wächter musste Rakers wegen eines Unfalls abbrechen, schulte auf die Tätigkeit eines Kochs um und wurde zum KZ Esterwegen kommandiert. Zuerst arbeitete er in der SS-, später in der Lagerküche. Im Herbst 1934 wurde er im Zuge der Übernahme der Emslandlager durch die SS Mitglied der SS-Totenkopfverbände. Mai 1937 avancierte Rakers zum SS-Scharführer, zwei Jahre später zum SS-Oberscharführer, im Mai 1940 zum SS-Hauptscharführer (Vergleichsdienstgrad bei der Wehrmacht: Oberfeldwebel). Diesen SS-Dienstrang hatte er bis Kriegsende inne.

 

Das KZ Esterwegen wurde im Sommer 1936 aufgelöst und Rakers zum KZ Sachsenhausen versetzt. Dort arbeitete er bis Herbst 1942 als Küchenchef. Wegen „Unterschleife und Lebensmittelschiebungen“[1], also der Unterschlagung von Lebensmitteln, kommandierte ihn das SS-Wirtschafts- und Verwaltungshauptamt (WVHA) in das KZ Auschwitz. Rakers war für kurze Zeit Führer des Kommandos Rohrleger (Firma Ruta AG) in Auschwitz I (Stammlager) und kam dann Anfang 1943 in das I.G. Farben-eigene Konzentrationslager Buna/Monowitz. Hier wurde er Kommandoführer und befehligte das gesamte Buna-Kommando. Morgens begleitete er zusammen mit dem ihm unterstellten SS-Wachkommando die Sklavenarbeiter der I.G. Farbenindustrie AG zum Werksgelände, abends eskortierte er die Häftlinge ins Lager zurück. Auf der Baustelle der I.G. kontrollierten Rakers, die SS-Wachmannschaft, die Kapos und die Meister der I.G. und der von der I.G. beauftragten Subunternehmen die Arbeitskommandos.

 

Beschwerden gegen Rakers wegen seiner Grausamkeit und Brutalität Häftlingen gegenüber führten zu seiner Ablösung. Rakers wurde aber nicht zu seinem Nachteil versetzt, er stieg vielmehr zum Rapportführer im KZ Buna/Monowitz auf. In dieser Funktion hatte er unter anderem die Appelle durchzuführen und die Lagerstärke festzustellen. Abermals wegen Verfehlungen wurde Rakers im Dezember 1944 vom KZ Buna/Monowitz in das Nebenlager Gleiwitz II (Deutsche Gas-Ruß-Werke GmbH; Sitz Dortmund) versetzt. In dem oberschlesischen Außenlager hatte er die Funktion des Lagerführers inne. Als die Haupt- und Nebenlager von Auschwitz Mitte Januar 1945 aufgelöst wurden, kommandierte Rakers zusammen mit dem SS-Hauptscharführer Otto Moll (1915–1946) einen Häftlingstransport von Gleiwitz über Pregarten (bei Mauthausen, Österreich) nach Sachsenhausen (bei Berlin). Von Sachsenhausen kam er im Februar 1945 in das Nebenlager Weimar-Gustloff-Werke des KZ Buchenwald, wiederum als Lagerführer. Am Kriegsende geriet Rakers in amerikanische Kriegsgefangenschaft, wurde später in ein französisches Gefangenenlager überstellt und war von April bis Juli 1948 im Internierungslager Fallingbostel.

 

Im Entnazifizierungsverfahren Rakers verhängte das Spruchgericht Bielefeld wegen seiner Zugehörigkeit zur SS gegen ihn mit Urteil vom Dezember 1948 eine Gefängnisstrafe von 2 ½ Jahren. Die Strafe wurde vom Gericht auf Kriegsgefangenschaft und Internierungshaft angerechnet und galt als verbüßt. Rakers kehrte in seinen erlernten Beruf zurück und arbeitete bis zu seiner Verhaftung am 24. Juli 1950 als Bäcker in Lingen.

 

Die im 1. Rakers-Prozess verhängte lebenslange Zuchthausstrafe saß Rakers hauptsächlich in der Straf- und Sicherungsanstalt Celle ab. Mitte 1971 kam er in Freiheit. Der Ministerpräsident des Bundeslandes Niedersachsen, Alfred Kubel (SPD), hatte einem Gnadenersuchen stattgegeben. Rakers fand wieder Arbeit als Bäcker und verstarb 1980.

(WR)



Quelle

StA b. LG Osnabrück, 4 Ks 2/52 (Rakers-Prozess), Hauptakten, Bd. V, Bl. 21.

 

Literatur

Knoch, Habbo: Die Emslandlager 1933–1945. In: Wolfgang Benz / Barbara Distel (Hg.): Der Ort des Terrors. Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager. Bd. II: Frühe Lager, Dachau, Emslandlager. München: Beck 2005, S. 531–570.

Strzelecka, Irena: Arbeitslager Gleiwitz II. In: Hefte von Auschwitz 14 (1973), S. 107–127.

[1] StA b. LG Osnabrück, 4 Ks 2/52, (Rakers-Prozess), Hauptakten, Bd. V, Bl. 21.