Carl Wurster (1900–1974)
(Das Urteil im I.G.-Farben-Prozess. Der vollständige Wortlaut. Offenbach am Main: Bollwerk 1948, S. 104–105.)
Carl Wurster wurde am 2. Dezember 1900 als Sohn des Stadtpolizeirats Carl Wurster und seiner Frau Clara (geb. Sippel) in Stuttgart geboren. Nach dem Schulbesuch in Stuttgart meldete er sich als Kriegsfreiwilliger im Ersten Weltkrieg. Nach Kriegsende begann er ein Chemiestudium in Stuttgart und engagierte sich dort 1919 als Angehöriger der Einwohnerwehr gegen Kommunisten. 1921 schloss er sein Studium mit Auszeichnung ab und wurde zwei Jahre später zum Dr.-Ing. am Institut für Anorganische Chemie und Chemische Technologie promoviert. 1924 trat er in das Wissenschaftliche Labor der BASF ein, wo er zu einem der engsten Mitarbeiter Carl Boschs wurde. 1926 avancierte er zum Leiter des anorganischen Labors und der Versuchsbetriebe am Werk Ludwigshafen der I.G. Farben. Im selben Jahr heiratete er Margareta Bergmann, mit der er zwei Töchter hatte.
1930 wurde Carl Wurster Leiter der anorganischen Betriebe. 1933 übernahm er den Vorsitz der Anorganischen Fabrikations-Kommission, ein Jahr später wurde er Prokurist in der Anorganischen Abteilung. 1936 wurde er zum Direktor befördert, im selben Jahr arbeitete er im Amt für deutsche Roh- und Werkstoffe von Carl Krauch mit. 1938 wurde er ordentliches Vorstandsmitglied und Leiter der Betriebsgruppe Oberrhein der I.G. Farben. 1939 inspizierte er nach dem Überfall der Wehrmacht auf Polen dortige Chemieanlagen, um zu prüfen, welche der polnischen Chemiewerke der I.G. Farbenindustrie einverleibt werden könnten, um die Kriegsproduktion zu steigern. Ab 1941 arbeitete er enger mit Carl Krauch zusammen und wurde zum „Wehrwirtschaftsführer“ und Mitglied des Wehrwirtschaftsrates der Reichswirtschaftskammer ernannt. 1943 erhielt er das Kriegsverdienstkreuz 1. Klasse.
Carl Wurster blieb nach 1945 von den Besatzungsmächten bestätigter Werksleiter, bis er 1947 verhaftet und im Nürnberger Prozess gegen I.G. Farben angeklagt wurde.
(SP)