Glossar

Fahren Sie mit der Maus über ein rotes Wort im Haupttext, um den Glossareintrag für dieses Wort zu sehen.

Heinrich Oster (1878–1954)

Heinrich Oster. Fotoaufnahme aus der National Archives Collection of World War II War Crimes Records vom Nürnberger Prozess gegen I.G. Farben'© National Archives, Washington, DC
Heinrich Oster. Fotoaufnahme aus der National Archives Collection of World War II War Crimes Records vom Nürnberger Prozess gegen I.G. Farben
© National Archives, Washington, DC

 a  Das Gericht im Nürnberger Prozess gegen I.G. Farben urteilte: „Es hat sich ergeben, daß Oster nach der Einleitung des Nordisk-Lettmetall-Projekts Mitglied des Aufsichtsrats der Norsk-Hydro war, und daß er auf Grund der Vorstandssitzungen und der ihm zugesandten Berichte über den allgemeinen Charakter und Zweck des Programms unterrichtet gewesen ist, das die Verwendung der Norsk-Hydro-Fabriken für den Ausbau der Leichtmetall-Erzeugung in Norwegen zur Förderung der Luftwaffeproduktion vorsah [...] Die Beweisaufnahme hat […] Osters Kenntnis von der Tatsache ergeben, daß das Projekt gegen den Willen der Norsk-Hydro durchgeführt wurde […] In Kenntnis dieser Umstände hat er der Beteiligung der I.G. an dem Projekt zugestimmt.“

(Das Urteil im I.G.-Farben-Prozess. Der vollständige Wortlaut. Offenbach am Main: Bollwerk 1948, S. 104.)

Heinrich Oster kam am 9. Mai 1878 als Sohn des Oberstleutnants Heinrich Oster in Straßburg zur Welt. Nach dem Schulbesuch in Speyer diente er 1898 als Einjährig-Freiwilliger und nahm anschließend ein Chemiestudium an der Technischen Hochschule Berlin-Charlottenburg und der Friedrich-Wilhelms-Universität Berlin auf. Sein Diplom erhielt Heinrich Oster 1903. Zwei Jahre später schloss er seine Promotion mit einer Arbeit über Indophenie ab. Gleich darauf erhielt er eine Stelle bei Agfa in Berlin und arbeitet dort bis 1914. Im Ersten Weltkrieg war er Soldat, wurde nach wenigen Wochen verwundet und verlor sein linkes Auge; anschließend war er im Stab des Befehlshabers der Deutschen Truppen im Elsass tätig. 1917 war Oster als Kriegsamtskommissar des Waffen- und Munitionsbeschaffungsamtes zur BASF abkommandiert, und ein Jahr später wurde er nach Leuna entsandt.

 

Bei der BASF wurde Oster 1918 als stellvertretender Direktor eingestellt. 1921 wurde er Vorstandsmitglied der BASF, 1926 stellvertretendes Vorstandsmitglied der I.G. Farben. Dort war er Mitglied des Arbeitsausschusses der Vorstands, Geschäftsführer des Stickstoff-Syndikats und Mitglied der Unterkommission Düngemittel und Sprengstoffe. 1931 wurde Heinrich Oster schließlich zum ordentlichen Vorstandsmitglied ernannt. Zwischen 1935 und 1939 war er förderndes Mitglied der SS. 1937 war er Mitglied des Kaufmännischen Ausschusses, 1939 wurde ihm das Kriegsverdienstkreuz 1. Klasse verliehen, ein Jahr später trat er der NSDAP bei.

 

1946 verhaftete ihn die U.S.-Militärregierung. Im Nürnberger Prozess gegen I.G. Farben wurde er 1948 wegen „Plünderung und Raubs“ zu zwei Jahren Haft verurteilt.  a  1949 war er Aufsichtsratsmitglied der Gelsenberg AG. Heinrich Oster starb am 29. Oktober 1954 in Essen.

(SP)



Quellen

Heinrich Oster, Eidesstattliche Erklärung, 2.5.1947, NI-5166. Archiv des Fritz Bauer Instituts, Nürnberger Nachfolgeprozess Fall VI, Prosecution Exhibit 313, reel 018, Bl. 119–125.

Heinrich Oster, Positionen nach Anhang A, 15.8.1947, NI-9756. Archiv des Fritz Bauer Instituts, Nürnberger Nachfolgeprozess Fall VI, Prosecution Exhibit 312, reel 018, Bl. 115–116.

 

Literatur

Heine, Jens Ulrich: Verstand & Schicksal. Die Männer der I.G. Farbenindustrie A.G. Weinheim: VCH Verlagsgesellschaft 1990.

Oster, Heinrich: Zur Kenntnis der Indophenie. Berlin: G. Schade 1905.

Das Urteil im I.G.-Farben-Prozess. Der vollständige Wortlaut. Offenbach am Main: Bollwerk 1948.