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Idar Paltiel (1919–1943)

Die Brüder Idar und Julius Paltiel beim Skilaufen, 1932
'© Julius Paltiel
Die Brüder Idar und Julius Paltiel beim Skilaufen, 1932
© Julius Paltiel
Idar Paltiel mit seiner Verlobten Marie Sachnowitz, 1940
'© Julius Paltiel
Idar Paltiel mit seiner Verlobten Marie Sachnowitz, 1940
© Julius Paltiel

„Zum ersten Mal begegnen wir einigen der 530 Juden, die am 26. November des vergangenen Jahres aus Norwegen deportiert wurden. Nur noch 10 Männer sind am Leben. Sie sehen elend aus. Dünn, bleich, unterernährt und zu Tode erschöpft. Mein Bruder Idar ist nicht unter ihnen. Ich frage nach ihm. – Im Kamin… Ich verstehe die Antwort nicht. – Er ist vergast! Langsam begreife ich das Grausame […] Ich verstehe eigentlich nicht, was mit vergast gemeint ist, habe nie davon gehört. Zu Tode vergast! Aber ich verstehe, dass Idar tot ist.“[1]

 

Idar Paltiel kam am 24. Mai 1919 als erster Sohn des Geschäftsmannes Salomon Paltiel und seiner Frau Kaja im norwegischen Trondheim zur Welt. Sein jüngerer Bruder Julius Paltiel wurde sechs Jahre später geboren. Die Brüder verlebten eine glückliche Kindheit, geprägt von Skitouren und Wanderungen in der Umgebung. Idar besuchte das Handelsgymnasium, Julius sollte das Schneiderhandwerk lernen, damit die Brüder eine gemeinsame Fabrik betreiben könnten. Nach dem Tod des Vaters 1935 erhielt Idar Paltiel vom norwegischen König eine Ausnahmegenehmigung, um das Geschäft des Vaters weiterführen zu dürfen, obwohl er erst 16 Jahre alt war. Mit dem Einmarsch der Wehrmacht im April 1940 wurde die Situation für Juden auch in Norwegen zunehmend schwieriger. Das Geschäft musste einem norwegischen Verwalter übergeben werden.

 

Idar Paltiel litt an Gicht und war im Oktober 1942 zur Erholung zu seiner Verlobten Marie Sachnowitz und ihrer Familie auf deren Hof bei Larvik gereist. So entging er der Verhaftung, als am 6. Oktober sein Bruder Julius in Trondheim von der norwegischen Polizei festgenommen wurde, und geriet erst am 26. Oktober 1942 zusammen mit Familie Sachnowitz in die Hände der Gestapo.

 

Am 26. November 1942 wurde Idar Paltiel mit dem ersten Deportationsschiff aus Norwegen, der „M/S Donau“ deportiert; mit an Bord waren auch seine Verlobte Marie und ihre Familie. Sein Bruder Julius und seine Mutter blieben noch bis 24. Februar 1943 in Norwegen, dann wurden auch sie nach Auschwitz deportiert. Idar Paltiel sah sie nie wieder. Am 2. Dezember 1942 kam er mit den übrigen zur Zwangsarbeit selektierten Männern seines Transports im KZ Buna/Monowitz an. Marie Sachnowitz wurde am 1. Dezember 1942, kurz nach ihrer Ankunft im KZ Auschwitz, vergast. Idar Paltiel zog sich über den Winter eine Fußverletzung zu und meldete sich im Krankenbau, um diese behandelt zu bekommen. Am 13. Februar 1943 schickte ihn die SS von dort nach Birkenau in die Gaskammer, er war 23 Jahre alt.

(SP)

 

 

Fototafel von Idar und Julius Paltiel



Quelle

Julius Paltiel, Lebensgeschichtliches Interview [Norw.], 7./8.6.2007. Archiv des Fritz Bauer Instituts, Norbert Wollheim Memorial.

 

Literatur

Komissar, Vera: På Tross av Alt. Julius Paltiel – norsk Jøde i Auschwitz [1995]. Trondheim: Communicatio 2004.

Sachnowitz, Herman: Det angår også deg. Fortalt til Arnold Jacoby. Oslo: Cappelen 1990.

Sachnowitz, Herman: Auschwitz. Ein norwegischer Jude überlebte. Geschrieben von Arnold Jacoby. Frankfurt am Main/Wien/Zürich: Büchergilde Gutenberg 1981.

[1] Vera Komissar: På Tross av Alt. Julius Paltiel – norsk Jøde i Auschwitz [1995]. Trondheim: Communicatio 2004, S. 59–60. (Übers. SP)