Glossar

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Kontaktverbot zwischen Zwangsarbeiter/innen und Deutschen

Das NS-Regime war bemüht, Kontakte zwischen Ausländer/innen und Deutschen möglichst zu unterbinden. Am Arbeitsplatz wurden sie geduldet, doch in der Freizeit sollten Ausländer/innen und Deutsche strikt voneinander getrennt leben. In vielen Fällen konnte dieses Kontaktverbot aber nicht durchgesetzt werden. Vor allem in der Landwirtschaft lebten Zwangsarbeiter/innen oft eng mit den deutschen Familien zusammen. Diese leisteten meist materielle Hilfe für die unterernährten, schlecht gekleideten Zwangsarbeiter/innen insbesondere aus dem Osten, gingen zuweilen auch darüber hinaus, wenn Deutsche etwa Informationen über Tagespolitik und Kriegsereignisse weitergaben. Hier handelte es sich jedoch in den meisten Fällen um Handlungen einzelner, auch wenn sich die gerichtlichen Verurteilungen wegen „verbotenen Umgangs mit Ausländern und Kriegsgefangenen“ zwischen 1940 und 1942 erheblich vermehrten. Freundschaftlicher Umgang mit Ausländer/innen wurde mit bis zu acht Monaten Gefängnis bestraft. Hilfe für Zwangsarbeiter/innen in Großbetrieben war schwieriger zu leisten: die Firmenleitung stand ihrem Schicksal meist indifferent gegenüber, im Betrieb herrschte oft ein enges Netz gegenseitiger Kontrolle und die Gefahr der Denunziation war groß. Doch halfen auch deutsche Kolleg/innen den Ausländer/innen zu überleben, indem sie trotz drakonischer Strafen Lebensmittel mit ihnen teilten und so ihre Solidarität zum Ausdruck brachten.

 

Zivilarbeiter/innen aus Westeuropa waren von Haus aus besser gestellt. Sie konnten ihre Freizeit bisweilen sogar gemeinsam mit Deutschen in kulturellen Einrichtungen, im Kino, Theater oder Schwimmbad, verbringen. Arbeiter/innen aus der Sowjetunion und Polen war dagegen sogar der Besuch von Gottesdiensten untersagt, um keine zu enge Verbindung zur deutschen Bevölkerung zu ermöglichen.

 

Behörden und Bevölkerung schenkten den „G[eschlechts]V[erkehr]-Verbrechen“ besondere Aufmerksamkeit. Sexuelle Kontakte zwischen jüdischen und „arischen“ Menschen wurden bereits seit Beschluss des Reichstages über die „Nürnberger Gesetze“ 1935 als „Blutschande“ bezeichnet und streng bestraft; auch sexueller Kontakt zwischen Deutschen und Ausländer/innen war generell verboten und wurde gemäß der nationalsozialistischen Rassenhierarchie bestraft. Für deutsche Frauen und Männer, die Geschlechtsverkehr mit Ausländern/innen hatten, waren Strafen von der Verwarnung bis zur Einweisung ins KZ möglich. Die ausländischen Frauen wurden bis Dezember 1942 in ein KZ geschickt oder zur Zwangsarbeit in Bordellen verpflichtet, die männlichen Zwangsarbeiter wurden ebenfalls schwer bestraft. Danach wurden die Regelungen etwas gelockert. Neben der staatlichen Verfolgung kamen häufig öffentliche Diskriminierungen wie die Zurschaustellung der Paare an einem Pranger vor.

(SP/BG)



Literatur

Herbert, Ulrich: Fremdarbeiter. Politik und Praxis des „Ausländer-Einsatzes“ in der Kriegswirtschaft des Dritten Reiches. Berlin/Bonn: Dietz 1985.

Spoerer, Mark: Zwangsarbeit unter dem Hakenkreuz. Stuttgart/München: DVA 2001.