Glossar

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Organisation der I.G. Farbenindustrie AG in den 1920er Jahren

Mit dem Zusammenschluss zur I.G. Farbenindustrie AG1925 erfolgte eine strukturelle Veränderung der beteiligten Unternehmen. Die Betriebe wurden zu vier Betriebsgemeinschaften zusammengefasst: Oberrhein, Mittelrhein/Maingau, Niederrhein und Mitteldeutschland/Berlin, und vier Verkaufsgemeinschaften (VG) wurden begründet: VG Teerfarben, VG Pharmazeutika und Pflanzenschutz, VG Photographika und Kunstseide, Stickstoffsyndikat GmbH. 1927 kam die Deutsche Gasolin AG hinzu, die weitgehend selbständig war.

 

Im Laufe der Zeit wurde die Organisation der I.G. verändert und weiterentwickelt. Der Vorstand war das höchste Verwaltungsorgan der I.G., zeichnete gesetzlich verantwortlich und erfüllte eine geschäftsführende Funktion. Allerdings war er angesichts der Zahl von 83 Mitgliedern nicht in der Lage, schnell Entscheidungen zu fällen. Erster Vorstandsvorsitzender wurde Carl Bosch; Carl Duisberg wurde Vorsitzender des Aufsichtsrates. Bereits seit der Gründung der I.G. gingen die faktischen Aufgaben des Vorstands auf den sogenannten Arbeitsausschuss über, der mit einer reduzierten Personenzahl von 26 Mitgliedern effizienter arbeiten sollte als der Vorstand.

 

Zur Zeit der Weltwirtschaftskrise 1929 wurden alle Produktions- und Entwicklungsbereiche in drei sog. „Sparten“ eingeteilt. Diese Aufteilung bewährte sich und bedeutete eine Änderung der Gesamtstruktur. Für die Sparte I (Stickstoff, Mineralölsynthese, Gruben) war Carl Krauch zuständig, die Sparte II (Farben, Chemikalien, Pharmazeutika) war Fritz ter Meer unterstellt und für die dritte Sparte (Kunstseide, Zellwolle und Photographie) war Fritz Gajewski verantwortlich. 1930 wurde der Zentralausschuss begründet, der den Arbeitsausschuss ablöste und in dem nun hauptsächlich die Entscheidungen getroffen wurden. Er bestand aus sieben Personen unter dem Vorsitz von Carl Bosch. Die Anordnungen des Ausschusses waren für alle Sparten bindend. Über ein System aus verschiedenen Ausschüssen und Kommissionen sollte zunächst das Prinzip der „dezentralisierten Zentralisation“ nach Carl Duisberg realisiert werden. Das Ziel war eine möglichst flexible und unbürokratische Zusammenarbeit. Als problematisch erwiesen sich allerdings die zum Teil unklaren Zuständigkeiten und daraus resultierende Verständigungsschwierigkeiten zwischen den einzelnen Bereichen. In diesem Rahmen wurden mehrere Ausschüsse eingerichtet, darunter der für die Forschungslenkung und die Entwicklung technologischer Innovationen sehr bedeutsame Technische Ausschuss (TEA), der bis 1933 von Bosch geführt wurde und dann unter die Verantwortung Fritz ter Meers fiel, der für die Entwicklung der Weltmarkstrategien des Unternehmens wichtige Kaufmännische Ausschuss, der von Georg von Schnitzler geleitet wurde, und der von Bosch und Hermann Schmitz geleitete Personalausschuss. Die entsprechenden zentralen Verwaltungseinheiten waren aufgeteilt auf Ludwigshafen (Personalabteilung), Berlin (Finanzverwaltung) und Frankfurt am Main (Buchhaltung und Steuerabteilung).

(DOP; erstellt auf der Grundlage von Karl Heinz Roth: Die Geschichte der I.G. Farbenindustrie AG von der Gründung bis zum Ende der Weimarer Republik)



Download

[pdf] Karl Heinz Roth_Die Geschichte der IG Farbenindustrie AG von der Gründung bis zum Ende der Weimarer Republik

 

Literatur

Marsch, Ulrich: Strategies for Successs: Research Organization of German Chemical Companies and IG Farben until 1936. In: History and Technology 12 (1994), S. 23–77.

Stokes, Raymond G.: Von der I.G. Farbenindustrie AG bis zur Neugründung der BASF (1925–1952). In: Werner Abelshauser (Hg.): Die BASF. Eine Unternehmensgeschichte. München: Beck 2002, S. 221–358.