Glossar

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Plädoyer Henry Ormonds in 2. Instanz

 a Die Situation von Auschwitz war einmalig. Und sie wird und sie darf – dazu soll auch dieser Prozess beitragen – nie mehr wiederkehren. Die große und schwere Schuld, die die IG auf sich geladen hat, hat sie mit sich selbst abzumachen […] Denn die IG, die ihre Aktionäre und ehemaligen Angestellten zu befriedigen wußte, die IG, die die Pensionen ihrer früheren leitenden Männer zahlt, die zum Teil schwere Schuld auf sich geladen haben, dieselbe IG hat für die paar tausend Überlebenden der Hölle von Buna-Monowitz bis heute keinen roten Heller erübrigen können.“

(Henry Ormond, Plädoyer in 2. Instanz, 1.3.1955. HHStAW, Abt. 460, Nr. 1424 (Wollheim gegen IG Farben), Anlage-Bd. II, 8 Seiten, S. 2. (Hervorhebungen im Original))

Wie bereits in seinem erstinstanzlichen Plädoyer wandte sich Henry Ormond im Wesentlichen gegen zwei Behauptungen: zum einen, dass die Klage Wollheims auf dem Urteil im Nürnberger Prozess gegen I.G. Farben fuße – ganz im Gegenteil berief sich Ormond stets auf eine Schadensersatzklage gemäß BGB, also deutschen Rechts. Und zum anderen auf die Behauptung der I.G. Farben, die Arbeitskräfte aus dem KZ Buna/Monowitz seien der Firma aufgezwungen worden – hier benannte Ormond zahlreiche zeitgenössische Aussagen von I.G.-Managern, die das Gegenteil bewiesen.

 

Daneben suchte Ormond durch die Schilderung der furchtbaren Lebens- und Arbeitsbedingungen der Buna/Monowitz-Häftlinge, noch einmal die unmittelbare Verantwortlichkeit der I.G. Farben und ihrer Angestellten für das Los der Häftlinge zu betonen.  a  Er rekapitulierte die Widersprüchlichkeit in den Argumentationslinien der I.G.-Anwälte und -Zeugen. Eine Schadensersatzhaftung des Bundes schloss Ormond explizit aus.

 

Ormond appellierte abschließend an das Gericht: „Meine Herren Richter, ich erwarte ein Urteil von Ihnen, das die Dinge sieht, wie sie wirklich gewesen sind und nicht, wie man sie nachträglich heute konstruieren möchte […] Geben Sie dem Kläger und all denen, die in Angst und Furcht und Pein unter qualvollen Bedingungen von der Beklagten gehalten wurden, durch Ihr Urteil den Glauben an das Recht und die Gerechtigkeit wieder.[1]

(SP)



Material

[pdf] Plädoyer_Henry Ormond_OLG Ffm_01.03.1955 (Archiv des Fritz Bauer Instituts)

 

Quellen

Sitzungsprotokoll 3. Zivilkammer des Landgerichts, 11.5.1953. HHStAW, Abt. 460, Nr. 1424 (Wollheim gegen IG Farben), Bd. III, Bl. 422.

Henry Ormond, Plädoyer in 2. Instanz, 1.3.1955. HHStAW, Abt. 460, Nr. 1424 (Wollheim gegen IG Farben), Anlage-Bd. II, 8 Seiten.


Literatur

Rumpf, Joachim R.: Der Fall Wollheim gegen die I.G. Farbenindustrie AG in Liquidation. Dissertation, Leibniz Universität Hannover 2007.

[1] Henry Ormond, Plädoyer in 2. Instanz, 1.3.1955. HHStAW, Abt. 460, Nr. 1424 (Wollheim gegen IG Farben), Anlage-Bd. II, 8 Seiten, S. 8. (Hervorhebungen im Original)