Glossar

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Siegfried Halbreich (*1909)

Sigfried Halbreich in Frankfurt/ Main, 2004'© Eva & Artur Holling
Sigfried Halbreich in Frankfurt/ Main, 2004
© Eva & Artur Holling

 a  „If we lived, we vowed we would tell our story to the world so that it would never happen again – to anyone. For many of us, it was the only reason to choose to live.“

(Siegfried Halbreich: Before—During—After. Surviving the Holocaust. Los Angeles: Schor 2000, S. 80.)

„And more and more we felt united and a measure of strength emerged. We wanted to do our best to help ease the suffering of the patients and improve ourselves and the situation. This became our purpose – no one could stop us from caring.“[1]

 

Siegfried Halbreich wurde am 13. April 1909 in Dziedzitz in Schlesien (heute: Czechowice-Dziedzice, Polen) geboren. Er hatte drei Geschwister und lebte bis zu seinem vierten Lebensjahr bei seinen Großeltern. Die Kinder wurden bewusst jüdisch erzogen; sie hatten jüdischen Religionsunterricht und waren in der zionistischen Organisation „Blau-Weiß“.

 

Siegfried Halbreich wollte eigentlich Medizin studieren, seine Familie konnte aber das Studium nicht finanzieren, deshalb begann er 1928 eine Apothekerausbildung. Im Herbst 1930 wurde er in die polnische Armee eingezogen, wo er verstärkt mit Antisemitismus konfrontiert wurde. Nach seiner Entlassung zog er nach Kraków und studierte Pharmazie. Ab 1935 arbeitete er in Katowice für ein Chemieunternehmen und war Mitglied in „Akiba“, einer zionistischen Organisation.

 

Nach dem deutschen Überfall auf Polen am 1. September 1939 wusste Siegfried Halbreich, dass er nicht länger in Polen bleiben konnte, und wollte nach Palästina auswandern. An der österreichisch-jugoslawischen Grenze wurde er von einem „volksdeutschen“ jugoslawischen Grenzbeamten an die Gestapo ausgeliefert. Im November 1939 wurde er nach Sachsenhausen deportiert und musste dort in einem Zimmermannskommando arbeiten. Im September 1941 kam Siegfried Halbreich ins KZ Groß-Rosen, wo er im Steinbruch arbeiten musste. Im Oktober 1942 wurde er nach Auschwitz deportiert und ins KZ Buna/Monowitz geschickt, wo er Pfleger im Krankenbau wurde. Ende Februar 1943 bekam Siegfried Halbreich den Auftrag, im „Arbeitserziehungslager Monowitz“ für Zwangsarbeiter eine ambulante Behandlungsstelle einzurichten und zu betreuen. Dort teilte er sich mit dem Lagerältesten Rudi Kahn einen Raum und wurde nach dessen Flucht selbst Lagerältester. Diese Position ermöglichte es Siegfried Halbreich, andere Häftlinge vor Selektionen zu bewahren, Kontakt mit britischen Kriegsgefangenen zu knüpfen und die Brutalität von Blockältesten und Kapos einzuschränken.  a  Im November 1944 wurde er als Pfleger in den Krankenbau des KZ Buna/Monowitz zurückversetzt.

 

Am 18. Januar 1945 wurde Siegfried Halbreich auf den Todesmarsch getrieben. Er kam zur Arbeit im Krankenlager in die Boelke-Kaserne, einem Außenlager bei Nordhausen. Als Nordhausen im April 1945 bombardiert wurde, gelang es ihm, zu fliehen und sich zu verstecken. Bei seiner Rückkehr am 13. April war das Lager bereits von der U.S. Army befreit worden.

 

Siegfried Halbreich arbeitete dann für die U.S. Army und half, SS-Mitglieder zu finden und zu identifizieren. Während dieser Zeit lernte er Ruth Kramarz kennen, die als DP in Mittelbau-Dora war. Sie heirateten am 31. März 1946 in Frankfurt am Main und wanderten im Juni in die USA aus. Dort hatte Siegfried Halbreich verschiedene Anstellungen, bis er mit seiner Frau ein eigenes Geschäft in Los Angeles aufmachte, wo sie noch heute leben.

(LG)



Quelle

Siegfried Halbreich, Lebensgeschichtliches Interview [Eng.], 12.7.1994. USC Shoah Foundation Institute, Survivors of the Shoah Visual History Archive, Code 10.

 

Literatur

Halbreich, Siegfried: Before—During—After. Surviving the Holocaust. Los Angeles: Schor 2000.

[1] Siegfried Halbreich: Before—During—After. Surviving the Holocaust. Los Angeles: Schor 2000, S. 71.