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Victor „Young“ Perez (1911–1945)

Victor „Young“ Perez, 1930er
'© Jewish Sports Legends
Victor „Young“ Perez, 1930er
© Jewish Sports Legends

Victor Perez wurde 1911 im damals noch kolonialisierten Tunesien als Sohn von Khmaïssa Perez und Khaïlou René Perez geboren. Sein Vater arbeitete als Verkäufer für Haushaltswaren in einer kleinen Boutique. Gemeinsam mit vier Geschwistern wuchs er in einfachen Verhältnissen in Dar-El Berdgana, einem jüdischen Viertel von Tunis, auf. Bereits als Kind hatte er nur eines im Sinn: Es seinem senegalesischen Vorbild Louis Phal „Battling Siki“ gleichzutun und den Weltmeistertitel als Boxer zu bekommen. Im Alter von 14 Jahren begann er, gemeinsam mit seinem älteren Bruder Benjamin „Kid“ beim Makkabi zu trainieren, und gewann zwei Jahre später seinen ersten öffentlich ausgetragenen Kampf.

 

1927 verließ Victor „Young“ Perez Tunis, um seine Karriere in Paris fortzusetzen. Dort lernte er Joe Guez kennen, der sein Trainer wurde. 1930 errang er den französischen Meisterschaftstitel im Fliegengewicht gegen Kid Oliva aus Marseille. Am 24. Oktober 1931 gewann er gegen den US-Amerikaner Franckie Genaro den Weltmeisterschaftstitel im Fliegengewicht und wurde der jüngste Weltmeister der Boxgeschichte. Berauscht vom Erfolg begann er ein ausschweifendes Leben zu führen, verliebte sich in die Schauspielerin Mireille Balin und vernachlässigte das Training, weshalb er den Titel nur ein Jahr später an Jackie Brown verlor. Nach dem Wechsel in die Bantamgewichtsklasse konnte Young Perez seine sportlichen Erfolge nicht wiederholen.

 

Trotz des zunehmenden Antisemitismus in Paris wähnte er sich in Sicherheit – er fuhr sogar im November 1938 zu einem Wettkampf nach Berlin. Als Paris 1940 von der deutschen Armee besetzt wurde, versuchte er, mit einem Freund zu fliehen, kehrte dann aber nach Paris zurück. Am 21. September 1943 wurde er aufgrund einer Denunziation verhaftet, von Drancy mit dem Transport Nr. 60 nach Auschwitz deportiert und ins KZ Buna/Monowitz gebracht. Die SS erlaubte ihm zunächst, ein wenig zu trainieren, um ihn für einen Showkampf zu ihrem Amüsement einzusetzen, aber nach diesem Kampf gegen einen SS-Mann wurde er behandelt wie alle anderen Häftlinge auch.

 

Victor „Young“ Perez kam am 22. Januar 1945 auf dem Todesmarsch ums Leben, vermutlich wurde er aufgrund eines Fluchtversuchs erschossen oder starb an völliger Entkräftung. Er war 33 Jahre alt.

 

Das Institut National des Sports in Paris benannte seine Boxhalle nach Victor „Young“ Perez und ließ 1997 eine Plakette zu seinem Gedenken anbringen.

(SD)

 

 

Fototafel von Victor „Young“ Perez



Literatur

Nahum, André: Quatre boules de cuir ou l’étrange destin de Young Perez, champion du monde de boxe. Paris: Bibliophane Daniel Radford 2002.

Steinberg, Paul: Chronik aus einer dunklen Welt. Ein Bericht. Aus dem Französischen von Moshe Kahn. München: Hanser 1998.