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Friedrich Jähne (1879–1965)

Friedrich Jähne. Fotoaufnahme aus der National Archives Collection of World War II War Crimes Records vom Nürnberger Prozess gegen I.G. Farben'© National Archives, Washington, DC
Friedrich Jähne. Fotoaufnahme aus der National Archives Collection of World War II War Crimes Records vom Nürnberger Prozess gegen I.G. Farben
© National Archives, Washington, DC

 a  Die Richter urteilten: „Die Beweisaufnahme hat jedoch ergeben, daß Jähne beteiligt gewesen ist an bestimmten Verhandlungen mit Regierungsbehörden, die dem Erwerb der enteigneten Sauerstoff- und Azethylenbetriebe in Elsaß-Lothringen durch die I.G. vorausgingen, und daß er bei diesen Verhandlungen die Zustimmung zu den Vorschlägen der I.G. erreicht hat. Jähne war genau unterrichtet über die von der I.G. bei dem Erwerb dieser Bertriebe vorangegangenen Spoliationsdelikte, und er ist an diesen Delikten zustimmend beteiligt gewesen.“

(Das Urteil im I.G.-Farben-Prozess. Der vollständige Wortlaut. Offenbach am Main: Bollwerk 1948, S. 102.)

„Ich kann mich noch an den Vortrag von Dr. Ambros im Vorstand oder im TEA über Auschwitz erinnern, in welchem er auch den Einsatz von Konzentrationslager-Häftlingen erwähnte. Der Vorstand nahm keine besondere Stellungnahme zu diesem Problem, da er den Einsatz dieser Leute als unausweichlich ansah. Keiner der Herren des Vorstandes protestierte jemals gegen den Arbeitseinsatz dieser Leute.“[1]

 

Friedrich Jähne kam am 24. Oktober 1879 als Sohn des Fotografen Gertmann Jähne und seiner Frau Anna Margaretha (geb. Kocks) in Neuß zur Welt. Nach dem Schulbesuch in Neuß und Düsseldorf arbeitete er auf der Kaiserlichen Werft in Kiel. 1900 nahm Friedrich Jähne als Marinesoldat am China-Feldzug bei der blutigen Niederschlagung des Boxeraufstandes teil. 1901 nahm er ein Ingenieurstudium an der Technischen Hochschule Berlin-Charlottenburg auf, das er 1905 mit dem Diplom abschloss. Im selben Jahr trat er eine Stelle bei Siemens-Schuckert in Berlin an. 1907 wechselte er als Betriebsingenieur zur Deutschen Solvay nach Rheinsberg. 1908 trat er bei der Chemischen Fabrik Griesheim-Elektron als Oberingenieur ein, 1913 wechselte er als Chefingenieur zur Chemischen Fabrik W. Feld nach Hönningen.

 

Unterbrochen von der Teilnahme am Ersten Weltkrieg als Marine-Soldat war Friedrich Jähne bis 1921 dort beschäftigt; in diesem Jahr wechselte er als Oberingenieur und Leiter der Werkstätten der Anorganischen Betriebe zu Bayer nach Leverkusen. Dort stieg er rasch auf: 1923 wurde er zum Prokuristen, 1928 zum stellvertretenden Direktor der I.G. Farben ernannt. Ab 1931 war Jähne Leiter der Technischen Kommission der I.G. Farben. 1933 wurde er als Direktor und Leiter der Ingenieurtechnischen Abteilung nach Hoechst versetzt. Ein Jahr später wurde er stellvertretendes Vorstandsmitglied der I.G. Farben, 1938 ordentliches. 1938 trat er auch in die NSDAP ein. 1943 wurde er zum „Wehrwirtschaftsführer“ ernannt, er erhielt außerdem das Kriegsverdienstkreuz 1. Klasse. 1941 war er verantwortlich für die Modernisierung und Neugestaltung des Werkes Hoechst.

 

1947 von der U.S. Army verhaftet, wurde Friedrich Jähne im selben Jahr im Nürnberger Prozess gegen I.G. Farben wegen Raubs und Plünderung angeklagt und ein Jahr später zu eineinhalb Jahren Haft verurteilt wegen seiner Beteiligung an Übernahmen in Elsass-Lothringen.  a  Ab 1952 war er Aufsichtsratsmitglied der Farbwerke Hoechst und Aufsichtsratsvorsitzender der Adolf Messer GmbH. 1955 übernahm er den Vorsitz im Aufsichtsrat von Hoechst, 1962 wurde ihm der Bayerische Verdienstorden verliehen, dessen Rückforderung 1964 erwogen wurde. Darüber hinaus war er Träger des Großen Verdienstkreuzes mit Stern des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland. Friedrich Jähne starb am 21. Dezember 1965 in München.

(SP)



Quellen

Friedrich Jähne, Eidesstattliche Erklärung, 29.5.1947, NI-5618. Archiv des Fritz Bauer Instituts, Nürnberger Nachfolgeprozess Fall VI, reel 017, Bl. 898–907.

Friedrich Jähne, Positionen nach Anhang A, 13.8.1947. Archiv des Fritz Bauer Instituts, Nürnberger Nachfolgeprozess Fall VI, reel 018, Bl. 30–31.

 

Literatur

Heine, Jens Ulrich: Verstand & Schicksal. Die Männer der I.G. Farbenindustrie A.G. Weinheim: VCH Verlagsgesellschaft 1990.

Lindner, Stephan H.: Hoechst. Ein I.G. Farben Werk im Dritten Reich. München: Beck 2005.

Das Urteil im I.G.-Farben-Prozess. Der vollständige Wortlaut. Offenbach am Main: Bollwerk 1948.

[1] Friedrich Jähne, Eidesstattliche Erklärung, 29.5.1947, NI-5618. Archiv des Fritz Bauer Instituts, Nürnberger Nachfolgeprozess Fall VI, reel 017, Bl. 898–907, hier Bl. 904–905.