Glossar

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Funktionshäftlinge – Positionen

Die Häftlingsverwaltung lässt sich in drei Gruppen unterteilen: die Lagerverwaltung, die Arbeitsorganisation und die im Krankenbau Beschäftigten (s. dort). Zur Unterscheidung von den Diensträngen der SS-Angehörigen, die auf „-führer“ endeten, wurden die Häftlingspositionen meist als „-ältester“ oder „-dienst“ bezeichnet.

 

Die Lagerverwaltung umfasste folgende Häftlingspositionen:

  1. Lagerältester: trug schwarze Armbinde mit weißer Aufschrift „LÄ“; er stand über allen Häftlingen mit Ausnahme des Krankenbauältesten. Der erste Lagerälteste des KZ Buna/Monowitz ab Oktober 1942 war Josef Windeck, dann folgten rasch aufeinander Franz Raschke und Hans Georg Scholle, ab Ende 1943 bis zur Auflösung des Lagers im Januar 1945 war Paul Kozwara Lagerältester. Windeck war als „Asozialer“, die anderen drei als „Berufsverbrecher“ inhaftiert.
  2. Blockältester: trug rote Armbinde mit weißer Aufschrift der Funktion und der Blocknummer, er war für die Verwaltung seines Blocks zuständig. Ihm untergeben waren Stubendienste, die sich um Essen, Kleidung und Sauberkeit zu kümmern hatten; das Essen wurde von den Kesselträgern aus der Küche geholt. Ein Blockschreiber hatte die Meldungen beim Appell, Verpflegungs- und Todesmeldungen zu machen. Abhängig von der nationalen Zusammensetzung eines Blocks, benötigte mancher Blockältester für seine Arbeit auch Dolmetscher.
  3. Schreibstube: geleitet vom Rapportschreiber, in der Anfangszeit Paul Kozwara, dann Gustav Herzog, zuletzt Stefan Lembke. Hier wurden die Häftlinge registriert und die Häftlingskartei verwaltet, die Häftlinge auf Blöcke eingeteilt und Transportlisten geschrieben, wenn Häftlinge zur „Überstellung“ nach Birkenau selektiert worden waren, was im allgemeinen die Ermordung in der Gaskammer bedeutete. Die Arbeit in der Schreibstube eröffnete auch die äußerst riskante Möglichkeit, Häftlinge von Selektionslisten wieder zu streichen bzw. Karteikarten zu vertauschen, um damit einzelne Häftlinge zu retten. Der Rapportschreiber war dem Rapportführer der SS verantwortlich, daneben auch dem Lagerältesten.
  4. SS-Kalfaktoren: ausgewählte Häftlinge mussten als persönliche Diener für die SS arbeiten. Diese Stellung konnte einen besonderen Einfluss zugunsten anderer Häftlinge ermöglichen. Zudem arbeiteten einige Häftlinge in der Politischen Abteilung direkt für die SS.

Die Arbeitsverwaltung umfasste folgende Positionen:

  1. Oberkapo: vor dem Bau des KZ Buna/Monowitz war allen Außenkommandos, die auf der I.G.-Baustelle arbeiteten, etwa 1.200 Häftlinge, ein Oberkapo vorgesetzt. In Monowitz hatten manchmal größere Kommandos von mehreren hundert Häftlingen einen Oberkapo, dem dann mehrere Kapos unterstellt waren.
  2. Kapos: trugen gelbe Armbinde mit schwarzer Aufschrift „Kapo“. Auf der Baustelle unterstand jedes Arbeitskommando von meist etwa 50–100 Häftlingen einem Kapo. Der Kapo war für die Vollständigkeit des Kommandos beim Ein- und Ausmarsch aus dem Lager und auf der Baustelle verantwortlich. Er hatte die Arbeit der Häftlinge auf der Baustelle zu überwachen und sie anzutreiben. Dabei hatte er einen recht großen Ermessensspielraum, wie brutal und willkürlich oder auch freundlich und hilfsbereit er mit den Häftlingen umging und dabei den Druck der SS und I.G. verstärkt weitergab oder auch abzufangen versuchte. Den Kapos größerer Kommandos unterstanden Vorarbeiter.
  3. Lagerkapo: ihm unterstand das Lagerkommando, das für handwerkliche Arbeiten im Lager eingesetzt wurde, und kleinere Handwerkerkommandos wie Schneiderei, Schusterei, Tischlerei, Glaserei, Schlosserei und Autoschlosserei. Hingegen unterstanden die Kommandos, die in der Häftlingsküche, der SS-Küche, der Kartoffelschälküche und dem Magazin arbeiteten, direkt dem Lagerältesten. Der Lagerkapo war bei Appell und Essensausgabe für die Ordnung verantwortlich.
  4. Häftlingsarbeitsdienst: hatte die Einteilung der Kommandos vorzunehmen und war für die Berichte über die geleistete Arbeit verantwortlich. Der Häftlingsarbeitsdienst unterstand dem Lagerältesten und dem Arbeitsdienstführer der SS.

(MN)



Quellen

Paul Grünberg, Lebensgeschichtliches Interview [Dt.], 16.6.2007. Archiv des Fritz Bauer Instituts, Norbert Wollheim Memorial.

[Posener, Curt]: Zur Geschichte des Lagers Auschwitz-Monowitz (BUNA). Unveröffentlichtes Manuskript, undatiert, 53 Seiten. Archiv des Fritz Bauer Instituts.

 

Literatur

Wagner, Bernd C.: IG Auschwitz. Zwangsarbeit und Vernichtung von Häftlingen des Lagers Monowitz 1941–1945. München: Saur 2000.