Aufnahme und Behandlung im Häftlingskrankenbau
(Antoni Makowski: Organisation, Entwicklung und Tätigkeit des Häftlings-Krankenbaus in Monowitz (KL Auschwitz III). In: Hefte von Auschwitz 15 (1975), S. 113–181, hier S. 135.)
(Berthold Epstein, Eidesstattliche Erklärung, 3.3.1947, NI-5847. Archiv des Fritz Bauer Instituts, Nürnberger Nachfolgeprozess Fall VI, ADB 75 (d), Bl. 193–197, hier Bl. 193.)
(Primo Levi: Ist das ein Mensch? Erinnerungen an Auschwitz. Frankfurt am Main: Fischer 1961, S. 55.)
„In jedem Krankenhaus bemüht man sich, kranke Menschen wieder gesund zu machen. Der Krankenbau des IG Lagers Monowitz hatte nur die Aufgabe, Werkzeuge wieder instandzusetzen.“[1]
Die 1942 im KZ Buna/Monowitz eingerichtete Ambulanz des Häftlingskrankenbaus (HKB) war abends, nach Arbeitsende, in Betrieb. Kranke oder Verletzte konnten sich nach dem Abendappell in die lange Schlange derer einreihen, die aufgenommen werden wollten. Die Häftlinge warteten bei Wind und Wetter im Freien – ein Wartezimmer gab es nicht. Wer am Abend von den Pflegern der Ambulanz als sogenannter „Arztvormelder“ akzeptiert wurde, musste am folgenden Morgen direkt nach dem Wecken ein zweites Mal vorstellig werden, um nach einer oberflächlichen Untersuchung von einem Arzt endgültig aufgenommen oder abgelehnt zu werden. Ablehnung bedeutete „Blockschonung“, d.h. die Häftlinge wurden zurück in ihre Baracke geschickt und mussten an diesem Tag nicht zur Arbeit ausrücken. Sie konnten sich der Ruhe jedoch nicht sicher sein – oftmals wurden sie innerhalb des Lagers zu Arbeiten herangezogen.
Aufnahme in den HKB bedeutete Dusche, Rasur und Einweisung in die zuständige Abteilung des Krankenbaus. Der Einlass erfolgte barfuß und nackt, das Essgeschirr und der Löffel mussten, wie alle übrigen Besitztümer, abgegeben werden. Die Pfleger konnten diese verkaufen und sich so ein Zubrot verdienen. Nach der Aufnahme erhielten die Kranken ein Hemd und eine Unterhose aus den Beständen des HKB. Die Richtlinien für die Aufnahme in den HKB waren von SS und I.G. gemeinsam festgelegt worden, in der Regel sollten nur diejenigen stationär aufgenommen werden, „deren Genesung nicht länger als 14 Tage dauert“[2]. Die meisten erhielten lediglich eine ambulante Behandlung im Rahmen der äußerst eingeschränkten Möglichkeiten.
Schon die Aufnahme in den Krankenbau und die Bewilligung einiger Tage Ruhe war ein schwieriges Unterfangen. Hatten Häftlinge diese Hindernisse überwunden, war der Aufenthalt im Krankenbau nicht ohne Risiko: Zum einen wurden von der SS Selektionen durchgeführt, wenn der Krankenstand zu hoch war. Zum anderen wurden z.B. Durchfallkranke zwar meist aufgenommen, jedoch überlebten nicht viele die Behandlung, die zu Beginn aus ein bis zwei Tage Fasten bestand.
Der Häftlingsarzt Dr. Stefan Budziaszek (Buthner) führte häufig Operationen im Bauchraum und bei Brüchen durch, nachdem er mit dazu beigetragen hatte, einen chirurgischen Operationssaal einzurichten und auszustatten. Dort führte Budziaszek auch „Schauoperationen“ vor SS-Ärzten durch.
Hautkrankheiten und eitrige Entzündungen wurden meist mit einfachen Salben behandelt, die oft keine Wirkung zeigten. Krankheiten mit großer Ansteckungsgefahr führten meist zur Selektion und Ermordung der Befallenen. Die vorherrschenden Krankheiten im KZ Buna/Monowitz waren entweder verursacht durch Mangelernährung, also Ödeme bzw. Diarrhöe, durch Schwächung der Widerstandskräfte und unzureichende Kleidung, etwa Erkältungskrankheiten aller Art, Infektionskrankheiten wie Diphterie, Typhus oder Scharlach, und Krankheiten, die der operativen Behandlung bedurften. Darunter fielen häufig auch Unfälle, hervorgerufen durch unzureichende Schutzausrüstung auf der Baustelle, Entkräftung oder Prügelstrafen. Daneben beobachtete der Häftlingsarzt Dr. Robert Waitz unterschiedliche, epidemisch auftretende Krankheiten, je nach Jahreszeit: Im Sommer gab es viele Durchfallkranke
Für die Behandlung waren oft die Pfleger zuständig; der Oberarzt absolvierte die Morgenvisite, unterstützt von einem bzw. zwei Pflegern. Dabei mussten sich die Kranken zu ihm hinbewegen, er kam nicht ans Bett. Abends gab es wiederum eine kurze Kontrollvisite. Dazwischen wurde in drei Schichten das Essen, die Lagersuppe, verteilt. War ein Kranker halbwegs wieder hergestellt, wurde er entlassen, oft zu früh, und geschwächt, wie er noch war, wieder zur Arbeit geschickt. Er wurde in der Regel in einen neuen Block eingeteilt und musste sich als erstes wieder Brot vom Munde absparen, um einen Löffel kaufen zu können.
(SP)