Glossar

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Gerhard Neubert (1909–1993)

Gerhard Neubert, 2. Frankfurter Auschwitz-Prozess, 1965/66'© Fritz Bauer Institut
Gerhard Neubert, 2. Frankfurter Auschwitz-Prozess, 1965/66
© Fritz Bauer Institut
Gerhard Neubert, 2. Frankfurter Auschwitz-Prozess, 1965/66'© Fritz Bauer Institut
Gerhard Neubert, 2. Frankfurter Auschwitz-Prozess, 1965/66
© Fritz Bauer Institut

Gerhard Neubert, am 12. Juni 1909 in Johanngeorgenstadt im Erzgebirge geboren, schloss eine Lehre als Klavierbauer 1927 mit der Gesellenprüfung ab. Nach dem Umzug ins niedersächsische Diepholz 1931 war er leitend in einer Möbelfabrik tätig. 1934 heiratete Neubert. Im Mai 1940 wurde er zur Waffen-SS eingezogen und machte beim SS-Regiment „Ostmark“ in Prag seine Grundausbildung. Eine einjährige Stationierung in den besetzten Niederlanden und ein Kampfeinsatz an der Ostfront schlossen sich an. Nach einem Heimaturlaub traf Neubert im Sommer 1942 seine Einheit, die schwere Verluste erlitten hatte, am Sammelort Krakau nicht mehr an. Er erhielt daraufhin den Befehl, sich im Konzentrationslager Auschwitz zu melden.

 

Vorübergehend leistete er Wachdienst, bediente dann den Dampfkessel der Desinfektionsanlage und absolvierte sowohl einen Desinfektions- als auch einen Krankenpflegerlehrgang. Seit Anfang 1943 wurde er als Sanitätsdienstgrad im Häftlingskrankenbau (HKB) des KZ Buna/Monowitz eingesetzt und war an Selektionen im HKB beteiligt. Kranke, geschwächte, ausgezehrte Häftlinge, von der SS als nicht mehr „arbeitsfähig“ klassifiziert, wurden ins Vernichtungslager Birkenau überstellt und ermordet. Nach der Auflösung des Lagers im Januar 1945 versah er Dienst in den Konzentrationslagern Buchenwald, Nordhausen und Neuengamme. In Schleswig-Holstein wurde Neubert von der britischen Armee gefangengenommen, nach zehn Wochen aber entlassen. Gerhard Neubert ging wieder nach Diepholz, wo er Arbeit als Bauerngehilfe, Tischler und Polier fand.

 

Von Oktober 1958 bis Dezember 1963 war er Angestellter bei der Standortverwaltung einer Bundeswehreinheit, danach war Neubert abermals in der Möbelfabrik tätig, in der er schon vor dem Krieg gearbeitet hatte. Neubert wurde im Verlauf des Auschwitz-Verfahrens nicht in Untersuchungshaft genommen. Wegen Krankheit des Angeklagten trennte das Gericht das Verfahren Ende Juli 1964 ab. Im 2. Frankfurter Auschwitz-Prozess(14. Dezember 1965 bis 16. September 1966) wurde er, der seit Anfang Januar 1966 in Untersuchungshaft saß, erneut vor Gericht gestellt und wegen gemeinschaftlicher Beihilfe zum gemeinschaftlichen Mord in 35 Fällen zu dreieinhalb Jahren Zuchthaus verurteilt. Ende Januar 1971 wurde Neubert bedingt aus der Haft entlassen. Er starb 1993 in Diepholz.

(WR)



Quellen

Der Auschwitz-Prozess. Tonbandmitschnitte, Protokolle und Dokumente. DVD-ROM. 2., durchgesehene und verbesserte Auflage. Hg. v. Fritz Bauer Institut und dem Staatlichen Museum Auschwitz-Birkenau. Berlin: Directmedia 2005.

Urteil im 2. Frankfurter Auschwitz-Prozess. In: Justiz und NS-Verbrechen. Sammlung deutscher Strafurteile wegen nationalsozialistischer Tötungsverbrechen 1945–1999. Hg. v. Christiaan F. Rüter u.a. Bd. XXIV. Amsterdam: Amsterdam UP 1999, S. 591–688.