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Max Ilgner (1899–1966)

Max Ilgner. Fotoaufnahme aus der National Archives Collection of World War II War Crimes Records vom Nürnberger Prozess gegen I.G. Farben'© National Archives, Washington, DC
Max Ilgner. Fotoaufnahme aus der National Archives Collection of World War II War Crimes Records vom Nürnberger Prozess gegen I.G. Farben
© National Archives, Washington, DC

 a  „In gut eingeführten wirtschaftlichen wöchentlichen oder halbmonatlichen Zeitschriften in Deutschland sollte eine Reihe von Artikeln veröffentlicht werden […] dass sie in der amerikanischen Presse als solche Artikel abgedruckt werden konnte, deren Erscheinen auch tatsächlich in Deutschland erlaubt worden war. Die Themen behandelten solche offensichtlichen Fragen, wie die Judenfrage nicht und waren überhaupt nicht über spezifisch politische Themen.“

(Max Ilgner, Eidesstattliche Erklärung, 25.4.1947, NI-6702. Archiv des Fritz Bauer Instituts, Nürnberger Nachfolgeprozess Fall VI, ADB 17 (d), Bl. 42–63, hier Bl. 45.)

 

 b  In der Urteilsbegründung steht hierzu: „[Ilgner] hatte genaue Kenntnis von dem Umfang der beabsichtigten Ausbeutung der norwegischen Wirtschaft im Rahmen des Leichtmetallprogramms der Luftwaffe und hat energisch an dem Plan mitgewirkt. Der Plan sah den endgültigen Erwerb einer größeren Beteiligung an der norwegischen Leichtmetall-Industrie durch die I.G. vor. Ilgner war somit als Mittäter bei dem Plan beteiligt, unter völliger Außerachtlassung des Bedarfs der norwegischen Wirtschaft die Verwendung der Norsk-Hydro-Betriebe im Rahmen des Ausbauprogramms für den deutschen Kriegsbedarf zu erzwingen.“

(Das Urteil im I.G.-Farben-Prozess. Der vollständige Wortlaut. Offenbach am Main: Bollwerk 1948, S. 101.)

Max Ilgner wurde am 28. Juni 1899 als Sohn des ehemaligen Soldaten und BASF-Mitarbeiters Emil Ilgner und seiner Frau Mathilde in Biebesheim geboren. Nach dem Schulbesuch in Düsseldorf trat er in die Haupt-Kadettenanstalt Berlin-Lichterfelde ein. Er nahm am Ersten Weltkrieg teil und erlebte das Kriegsende 1918 an der Westfront. 1919 begann er Chemie, Hüttenkunde, Jura und Nationalökonomie an der Technischen Hochschule Charlottenburg und der Universität Frankfurt am Main zu studieren und schloss 1923 mit einer Promotion über die Rohstoffversorgung der deutschen Schwefelsäureindustrie ab. Daneben absolvierte er eine kaufmännische und eine Bankausbildung. 1923/24 arbeitete er in Stockholm, wo er seine spätere Frau Erna Hällström kennenlernte, mit der er drei Kinder hatte.

 

1924 begann Ilgner seine Tätigkeit bei Cassella in der Verkaufsabteilung, 1925 wurde er zum Direktor ernannt. 1926, nach der Fusion zur I.G. Farben AG, wurde er dort Prokurist und wechselte später zur Zentralen Finanzabteilung ins Berliner Büro „NW 7“, wo er die Industriespionage der I.G. über ein Netz von Auslandsmitarbeitern koordinierte und Informationen etwa über Industrieanlagen im Ausland sammelte, die „als Grundlage für die Festlegung von Bombardierungszielen der Luftwaffe dienten.“[1] Außerdem war er Vizepräsident der American IG. 1934 wurde er zum stellvertretenden Vorstandsmitglied der I.G. Farben ernannt, 1938 zum ordentlichen. 1937 war er in die NSDAP eingetreten, im folgenden Jahr wurde er „Wehrwirtschaftsführer“. 1939 übernahm er die Leitung des Buna-Werks Schkopau. 1941 wurde ihm das Kriegsverdienstkreuz 2. Klasse verliehen, 1945 das Rotkreuz-Ehrenzeichen 1. Klasse. Max Ilgner war Mitglied in zahlreichen Aufsichtsräten der von der I.G. in den von der Wehrmacht besetzten Gebieten übernommenen Firmen in Europa,[2] im Wirtschaftsführerkreis des Propagandaministeriums und setzte sich sehr für ein positives Bild der I.G. im Ausland ein.  a 

 

1945 wurde Max Ilgner von der U.S. Army verhaftet, 1947 im Nürnberger Prozess gegen I.G. Farben angeklagt und 1948 wegen „Plünderung und Raubs“ zu drei Jahren Haft verurteilt.  b  1948 bereits wie der entlassen, wurde Max Ilgner unmittelbar von der Evangelischen Kirche Deutschlands (EKD) mit dem Bau der Flüchtlingsstadt Espelkamp beauftragt. 1949 nahm er ein Theologiestudium auf und gründete den „Freundeskreis der ehemaligen NW 7er“. 1955 übernahm er den Vorsitz der Geschäftsführung einer schweizerisch-holländischen Holzchemiefirma in Zug. Max Ilgner setzte sich 1961 zur Ruhe und starb am 28. März 1966 in Schwetzingen.

(SP)



Quellen

Max Ilgner, Eidesstattliche Erklärung, 14.4.1947, NI-6700. Archiv des Fritz Bauer Instituts, Nürnberger Nachfolgeprozess Fall VI, ADB 17 (d), Bl. 1–4.

Max Ilgner, Eidesstattliche Erklärung, 25.4.1947, NI-6702. Archiv des Fritz Bauer Instituts, Nürnberger Nachfolgeprozess Fall VI, ADB 17 (d), Bl. 42–63.

Max Ilgner, Eidesstattliche Erklärung, 25.4.1947, NI-6699. Archiv des Fritz Bauer Instituts, Nürnberger Nachfolgeprozess Fall VI, ADB 17 (d), Bl. 89–105.

 

Literatur

Heine, Jens Ulrich: Verstand & Schicksal. Die Männer der I.G. Farbenindustrie A.G. Weinheim: VCH Verlagsgesellschaft 1990.

Ilgner, Max: Die Rohstoffversorgung der deutschen Schwefelsäure-Industrie unter besonderer Berücksichtigung des Schwefelkieses. Frankfurt am Main: Blazek & Bergmann 1923.

OMGUS: Ermittlungen gegen die I.G. Farbenindustrie AG. Nördlingen: Greno 1986.

Das Urteil im I.G.-Farben-Prozess. Der vollständige Wortlaut. Offenbach am Main: Bollwerk 1948.

[1] OMGUS: Ermittlungen gegen die I.G. Farbenindustrie AG. Nördlingen: Greno 1986, S. 164.

[2] Etwa Dynamit Nobel Preßburg, Donauchemie Wien, Nordisk Lettmetall Oslo und Norsk Hydro Oslo, Nitroammonia Bukarest, Chemische Werke Aussig und Ipari-Robanoyg Budapest. Nach: Jens Ulrich Heine: Verstand & Schicksal. Die Männer der I.G. Farbenindustrie A.G. Weinheim: VCH Verlagsgesellschaft 1990, S. 169.