Glossar

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Überlebende des KZ Buna/Monowitz als Zeugen im Wollheim-Prozess

Im Zivilverfahren gegen I.G. Farben vor dem Landgericht Frankfurt am Main – das Norbert Wollheim zusammen mit seinem Anwalt Henry Ormond auf Ersatz des Schadens, der Wollheim durch die „missbräuchliche Verwendung“ seiner Arbeitskraft entstanden war, angestrengt hatte – sagten zwölf Überlebende des Konzentrationslagers Buna/Monowitz, vom Kläger benannt, aus.

 

Die ehemaligen Arbeitssklaven der I.G. bekundeten ihr Interesse am Ausgang des Rechtsstreits und erhoben, wie der Kläger Wollheim, Ansprüche gegen I.G. Farben auf Schadensersatz. Mit ihren Aussagen stellten sie unter Beweis, was Wollheim in seiner Klage vom 3. November 1951 über die Verhältnisse auf dem I.G.-Werksgelände und im firmeneigenen, von der SS verwalteten Lager Buna/Monowitz vorgebracht hatte.

 

Die Zeugen schilderten ausführlich ihre Erlebnisse und Erfahrungen und bestätigten folgende, der I.G. zur Last gelegte Tatsachen: Unzureichende Verpflegung der Häftlinge, Mangel an Schutz- und Winterkleidung, Strafmeldungen durch I.G.-Meister, I.G.-Inspekteure und andere Zivilisten bei der SS mit oft verheerenden Folgen für die KZ-Häftlinge, Gewaltanwendung auf der I.G.-Baustelle durch Kapos, Vorarbeiter und Zivilisten, mörderisches Arbeitstempo, Mitwirkung von I.G.-Angestellten bei Lager-, Block- und Torselektionen, von der I.G. verfügte Befristung der Aufenthaltsdauer im Häftlingskrankenbau, Begrenzung des Krankenstands in Relation zur Anzahl der „arbeitseinsatzfähigen“ Häftlinge. Einhellig bekundeten die Zeugen, dass das KZ Buna/Monowitz hinsichtlich der Belegung der Unterkunftsbaracken, der Qualität der sanitären Anlagen und der Lage im Häftlingskrankenbau ein „schlechtes“, ein „schlimmes“ Lager war und keineswegs, wie Mitarbeiter der I.G. durchweg beteuerten, ein „normales“ Arbeitslager, vergleichbar den Lagern für Zivil- und Fremdarbeiter.

 

Wollheims Anwalt, Henry Ormond, hatte die Zeugen sorgfältig ausgewählt und nur geladen, wer einen zuverlässigen und glaubwürdigen Eindruck beim Gericht hinterlassen konnte.

(WR)



Quellen

Eli Aron Cohn, Zeugenvernehmung, 20.11.1952. HHStAW, Abt. 460, Nr. 1424 (Wollheim gegen IG Farben), Bd. I, Bl. 132–133.

Paul Herzberg, Zeugenvernehmung, 27.11.1952. HHStAW, Abt. 460, Nr. 1424 (Wollheim gegen IG Farben), Bd. I, Bl. 142R–146R.

Oskar Israel, Zeugenvernehmung, 15.1.1953. HHStAW, Abt. 460, Nr. 1424 (Wollheim gegen IG Farben), Bd. II, Bl. 217R–221.

Benedikt Kautsky, Zeugenvernehmung, 29.1.1953. HHStAW, Abt. 460, Nr. 1424 (Wollheim gegen IG Farben), Bd. II, Bl. 257–264.

Josef Löwenstein, Zeugenvernehmung, 4.12.1952. HHStAW, Abt. 460, Nr. 1424 (Wollheim gegen IG Farben), Bd. I, Bl. 158R–164R.

Pinkas Ollstein, Zeugenvernehmung, 11.12.1952. HHStAW, Abt. 460, Nr. 1424 (Wollheim gegen IG Farben), Bd. I, Bl. 181–184R.

Curt Posener, Zeugenvernehmung, 20.11.1952. HHStAW, Abt. 460, Nr. 1424 (Wollheim gegen IG Farben), Bd. I, Bl. 127–132.

Jonas Silber, Zeugenvernehmung, 29.10.1953. HHStAW, Abt. 460, Nr. 1424 (Wollheim gegen IG Farben), Bd. II, Bl. 243–248R.

Manfred Silber, Zeugenvernehmung, 4.12.1952. HHStAW, Abt. 460, Nr. 1424 (Wollheim gegen IG Farben), Bd. I, Bl. 156–158R.

Marcel Stourdzé, Zeugenvernehmung, 15.1.1953. HHStAW, Abt. 460, Nr. 1424 (Wollheim gegen IG Farben), Bd. II, Bl. 213–217R.

Robert Elie Waitz, Zeugenvernehmung, 27.11.1952. HHStAW, Abt. 460, Nr. 1424 (Wollheim gegen IG Farben), Bd. I, Bl. 139R–142R.

Max Willner, Zeugenvernehmung, 11.12.1952. HHStAW, Abt. 460, Nr. 1424 (Wollheim gegen IG Farben), Bd. I, Bl. 177–181.