Tagesablauf

© Fritz Bauer Institut (Bestand APMO / Staatliches Museum Auschwitz-Birkenau)
(Rudolf Vitek, Eidesstattliche Erklärung, 3.3.1947, NI-4830. Archiv des Fritz Bauer Instituts, Nürnberger Nachfolgeprozess Fall VI, ADB 75 (d), Bl. 61–69, hier Bl. 64.)
Dann ist es still.“
(Primo Levi: Ist das ein Mensch? Erinnerungen an Auschwitz. Frankfurt am Main: Fischer 1961, S. 60.)
Die Tage der Häftlinge im KZ Buna/Monowitz bestanden aus vielen Stunden meist schwerer Arbeit, ungenügendem Essen und daher den ständigen Versuchen, zusätzliches Essen zu organisieren. Die Häftlinge wurden im Sommer um 5 Uhr, im Winter um 6 Uhr morgens mit einem Gongschlag auf dem Appellplatz geweckt, nach anderen Angaben schon um 4.30 Uhr. In vielen Fällen unternahmen es die Stubendienste, das Aufstehen durch „Raus, raus“-Gebrüll und manchmal durch Prügel zu beschleunigen. Dann hatten die Häftlinge eine halbe Stunde, um die wenigen Waschräume aufzusuchen und etwas „Ersatzkaffee“ zu ‚frühstücken‘, bevor sie um 5.30 Uhr, im Winter um 6.30 Uhr zum Zählappell antreten mussten. Zum Appell hatten sich die Häftlinge nach ihren Blocks aufzustellen. Er dauerte morgens in der Regel etwa eine halbe Stunde.
Dann wurden die Arbeitskommandos geformt, Änderungen in der Einteilung der Häftlinge in die Kommandos wurden bereits am Abend zuvor festgelegt. Sobald die SS eine Postenkette zur und um die Baustelle gebildet hatte, mussten die Kommandos ausrücken. Bei Nebel verzögerte sich dies, bis die SS keine Fluchtgefahr mehr sah. Als erste mussten die Häftlinge ausmarschieren, deren Arbeitsplatz am weitesten entfernt auf der Baustelle lag. Die Kapos hatten am Lagertor die Stärke ihres Kommandos zu nennen; die im Lager arbeitenden Kommandos mussten ihre Stärke bis 10 Uhr in der Schreibstube melden. Zum Ausmarsch spielte die Lagerkapelle, die Häftlinge hatten im Takt zu marschieren. An manchen Tagen wurden morgens am Lagertor von der SS als nicht mehr ‚arbeitsfähig‘ erscheinende Häftlinge selektiert, dies geschah unter Beteiligung von I.G.-Angestellten.
Auf der Baustelle mussten die Häftlinge häufig sehr schwere Arbeiten im Freien und ohne die nötige Schutzkleidung verrichten. Um 12h gab es eine Stunde Mittagspause, in dieser erhielten die Häftlinge einen 3/4 Liter wässrige Gemüsesuppe, die sog. „Buna-Suppe“, die kaum einen Nährwert enthielt. Am Ende der Mittagspause wurde erneut die Vollzähligkeit festgestellt. Dann musste weitergearbeitet werden bis 18 Uhr, im Winter bis 17 Uhr bzw. bis zum Einbruch der Dunkelheit.
Die Kommandos mussten in umgekehrter Reihenfolge wieder ins Lager einrücken, wobei die Kapos die Stärke ihres Kommandos erneut am Lagertor zu melden hatten. Dann mussten sich die Häftlinge blockweise auf dem Appellplatz aufstellen. Im Laufe des Tages Verstorbene und auch Verletzte wurden dabei von ihren Mithäftlingen zum Appell geschleppt, da die Anzahl mit der des morgendlichen Ausrückens übereinzustimmen hatte. Der Abendappell dauerte eine Stunde oder auch länger. Es wurde gezählt und manchmal wurden auch Häftlinge öffentlich bestraft oder z.B. nach Fluchtversuchen hingerichtet. Nach dem Appell mussten manchmal noch Ausbauarbeiten im Lager durchgeführt werden, bevor die Häftlinge in ihre Blocks zurückkehren durften. Dort erhielten sie noch einmal Suppe und etwas Brot mit Margarine, das als Frühstück für den nächsten Morgen gedacht war. Allerdings aßen viele der Häftlinge das Brot aus Hunger und Angst vor Diebstahl sofort. Danach hatten die Häftlinge ein wenig freie Zeit, die in vielen Fällen für einen Besuch im Krankenbau, zum Instandsetzen von Kleidung oder Tauschen von Schuhen und anderen Dingen verwendet werden konnte
Um 21.30 Uhr im Sommer, um 21 Uhr im Winter kündigte ein Gongschlag die Nachtruhe an, das Licht wurde abgedreht. Danach durften Häftlinge die Blocks nur noch verlassen, um zur Latrine auf Toilette zu gehen. Auf Grund der völligen Überbelegung der Blocks und der hygienischen Verhältnisse war eine erholsame Nachtruhe für die meisten Häftlinge kaum möglich.
(MN)